"Ladies & Gentlemen": Karnevalskostüm:Biene Maja und Küchenschabe

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Biene Maja und Küchenschabe - auf zur Polonaise! (Foto: N/A)

Im wahren Leben sagen Kleider nichts über die Persönlichkeit aus, doch im Karneval sprechen Kostümierungen die nackte Wahrheit. Über den Flirtfaktor von Küchenschaben und warum sie mit Bienen keine Polonaise tanzen sollten.

Von Julia Werner und Harald Hordych

Biene Maja, Köln:

Jeder Karnevalssaison wohnt ein Zauber inne. Denn gar nicht mal so selten ist ja der Fasching, wie man ab Frankfurt südwärts sagt, der Beginn von lebenslangen Partnerschaften. Die fünfte Jahreszeit eignet sich nicht nur deshalb so gut für die Partnersuche, weil sich hier ganz selbstverständlich so viele Heldinnen des klassischen Porno-Kinos tummeln: Polizistinnen mit Handschellen! Stewardessen mit Hütchen und Röckchen! Meerjungfrauen! Sondern auch, weil Frauen beim Feiern im übertragenen Sinne alle Hüllen fallen lassen.

Im wahren Leben sagen Kleider ja leider überhaupt nichts mehr über die Persönlichkeit aus, solange die Frau nicht den Mund aufmacht. Für den verbalen Output interessiert sich im Karneval allerdings keiner. Und so kann man von Glück sagen, dass Kostümierungen die nackte Wahrheit sprechen.

Für eine sorgenfreie Polonaise zu empfehlen sind Piratinnen und Indianerinnen. Beide sehen hübsch, aber gleichzeitig etwas bescheuert aus, was auf eine charakterlich gesunde Mischung aus Witz und Weibesanmut schließen lässt. Beides fehlt meistens den Hexen, die dieses Manko gerne mit magischen Kräften ausgleichen würden. Wenn solche Phantasien nicht die besten Voraussetzungen für eine Karriere als Stalkerin sind.

Wirklich zu warnen sind Küchenschabe und Co. allerdings vor einer nicht vermuteten Gefahr: der Biene Maja. Sie sieht harmlos aus, hat es aber in sich. Denn diese Frau ist nicht nur eitel wie die Katze, sondern auch noch infantil. Sie findet sich selbst zuckersüß, genauso wie ihre Stofftiersammlung. Wem sein Leben lieb ist, der rette sich vor allem, was Flügel trägt.

Kein Mensch kommt auf die Welt, wächst heran, fühlt Gedanken und Sehnsüchte in sich aufkeimen und sagt dann seinen Eltern: Ich möchte später Küchenschabe werden. Das machen nur Rheinländer und Franz Kafka, als er die "Verwandlung" schrieb. Doch bleiben wir bei den Fakten, dieses Kostüm macht für 49 Euro aus einem Mann ein gepanzertes Insekt, dem ein Kammerjäger nur mit schwerer Artillerie beikommen könnte. Allerdings ist nicht der Überlebenskampf das Anliegen dieser Schabe, sondern Flirten mit allen sechs Beinen. Warum nur kleidet er sich dann, ja, in Gottesnamen: wie die allerletzte Schabe?

Zumal dieses Feierbiest mit seinen schlappen Stofftitten noch schlimmer aussieht als jene Exemplare, die uns erschrecken, wenn sie mit ihrem harten, glänzenden Panzer über den Hotelteppich flitzen. Auf jeder Küchenschabenparty würde er rausfliegen. Warum bringt ihn das hässliche Outfit seinem Ziel näher?

Der Schabenmann sucht seine Peer-Group. Er weiß, wer sich genauso kompromisslos anzieht wie ich, geht mit mir durch dick und dünn. Exemplare der Gattung Körperkostüm sind soziale Wesen. Sie wackeln mit ihren Tentakeln, um liebevolle Eichhörnchen und schlanke Mohrrüben anzuziehen. Und wenn sie sich einmal über aus Bier, Konfetti, Frikadellen und Kussmündchen zusammengesetzte Menschenknäuel hinweg gefunden haben, dann lassen sie sich nie mehr los. Getrübt wird die Insektenidylle nur, wenn die Biene Maja ihre süße Schabe plötzlich einfach stehen lässt. Trauriger als jeder verlassene Mann sieht nur eine große Küchenschabe mit Liebeskummer aus.

© SZ vom 01.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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