Familientrio:Was tun, wenn andere Eltern grob sind?

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Geschrei und raue Sitten in einer befreundeten Familie. darf man da als Außenstehender eingreifen? (Foto: iStockphoto)

In einer befreundeten Familie beschimpfen sich Kinder und Eltern oft. Der Vater zieht den Kleinen auch mal eins über. Wie kann ich darauf aufmerksam machen, dass da etwas aus dem Ruder läuft?

Eine Leserin fragt:

In der Familie eines engen Freundes wird geflucht, was das Zeug hält. Die beiden Kinder (fünf und sieben Jahre) benutzen viele schlimme Wörter, untereinander, aber auch, um die Eltern zu beschimpfen. Die schimpfen oft zurück - und das nicht unbedingt kinderfreundlich. Der Vater zieht ihnen auch mal eins über. Wie kann ich als Außenstehende auf etwas aufmerksam machen, das meiner Meinung nach schon eine Weile aus dem Ruder läuft? Melanie K., 33, Augsburg

Drei Experten antworten:

Kirsten Boie:

Kaum etwas ist so aussichtslos wie der Versuch, sich als Freundin oder Freund in die Erziehung anderer einzumischen. Selbst wenn Ratschläge von professionellen Beratern angenommen werden würden, ertragen Menschen die Kritik von Freunden an ihren Kindern oder am Umgang mit ihren Kindern nur schwer. Trotzdem denke ich, dass Sie mit Ihrem Freund darüber sprechen müssen - vor allem, weil mit den Schlägen eine Grenze überschritten wird. Sagen Sie ihm, wie es Ihnen damit geht. Aber lassen Sie ihn auch seine Sicht erklären. Es kann ja durchaus sein, dass er selbst unter der Situation leidet, und froh ist, einmal über seine Hilflosigkeit in der Erziehung seiner Kinder sprechen zu können. Die Frage ist, ob die Beziehung zu Ihrem Freund dieses Thema aushält. Aber für mich klingt es so, als wäre die Freundschaft, wenn alles unausgesprochen und unverändert bleibt, ohnehin enorm belastet. ¶

Jesper Juul:

Erklären Sie Ihrem Freund und auch der Mutter der Kinder, wie unangenehm diese Situationen für Sie sind, wenn Sie zu Besuch kommen. Aber erwarten Sie nicht, dass sich um ihretwillen in der Familie auch etwas ändert. Ihr Unbehagen könnte die Inspiration sein, die Ihr enger Freund brauchen könnte, um über den Umgang mit seinen beiden Kindern nachzudenken. Vielleicht ist es aber auch der Auslöser, damit er seinen Frust dann anschließend an Ihnen auslassen kann. ¶

Katia Saalfrank:

Sie können die Problematik ansprechen und Ihrem Freund sagen, wie es Ihnen in dieser Atmosphäre geht. Wenn Ihr Freund offen für einen grundsätzlichen Austausch zu diesem Thema ist, dann können Sie mit ihm darüber reden: Geht es ihm mit dieser Situation selbst gut? Was ist sein Ziel in der Erziehung seiner beiden Kinder? Ich finde aber auch, dass Sie den abwertenden Umgang ansprechen und dabei nicht bagatellisieren sollten. "Eins überziehen" gehört nicht in eine vertrauensvolle und stabile Eltern-Kind-Beziehung. Kinder haben ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Im Gesetzestext heißt es dazu: "Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." Dass die Kinder Ihres Freundes das Verhalten ihres Vaters selbst übernehmen, ist daher nicht verwunderlich. Hier trägt Ihr Freund als Vater Verantwortung. Sie können sich also klar positionieren. Wenn Sie wirklich enge Freunde sind, kann er Ihnen bestimmt zuhören.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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