"Was lesen Sie gerade?":Ronja von Rönne: "Wenn man vom Schreiben lebt, wird man zum neurotischen Leser"

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Ronja von Rönne empfiehlt dringend, Tilman Rammstedt zu lesen. (Foto: Illustration Jessy Asmus für SZ.de)

Jede Woche stellen wir Schriftstellern die Frage: "Was lesen Sie gerade?" Ronja von Rönnes Lektüre hat mit schlechtem Gewissen zu tun - und mit Empathie.

Von Carolin Gasteiger

"Was lesen Sie gerade?" ist eine Frage, die man immer stellen kann, jedem und zu jeder Zeit. Beim Mittagessen, abends an der Bar oder sonntags im Park. Schriftsteller lassen uns in fremde Welten eintauchen, auf ihre Romane fiebern wir wochenlang hin. Aber was lesen Autoren eigentlich selbst? Haben sie Lieblingsschreiber, Vorbilder, Inspirationsquellen? Wir fragen Schriftstellerinnen und Schriftsteller in einer Mini-Serie nach ihren ganz persönlichen Lesegewohnheiten und -empfehlungen. In dieser Woche Ronja von Rönne.

Welche Bücher liegen auf Ihrem Nachttisch?

"Boy" von Roald Dahl, ein seltsamer Essayband über Empathie, "Morgen mehr" von Tilman Rammstedt und dann noch irgendwas von Max Goldt.

Welches davon lesen Sie gerade - und wie?

Als Letztes habe ich in dem Empathie-Essayband geblättert. Im wörtlichen Sinne, nicht virtuell.

Wie kamen Sie auf diese Lektüre?

Eine kluge Freundin hat mir das Buch zum Geburtstag geschenkt. Ich habe der klugen Freundin zum Geburtstag überhaupt nichts geschenkt und überdies ihr Buch völlig vergessen. Jetzt blättere ich aus schlechtem Gewissen darin. Aber offensichtlich würde mir etwas Empathie ganz gut tun.

Bester Satz?

Für beste Sätze hätte ich als Letztes Tilman Rammstedt lesen sollen, sein Roman "Morgen mehr" ist voll davon.

Wer sollte das Buch auf jeden Fall lesen - und wer nicht?

"Morgen mehr" sollte jeder lesen, der mal Gefühle hatte. Jeder, der noch nie welche hatte, ist vielleicht bei dem Empathie-Buch besser aufgehoben - oder bei einem guten Psychiater.

Schon mal geweint beim Lesen? Oder vor lauter Tränen gelacht?

Ich lache immer bei Max Goldt, denn ich bin ein Mensch. Geweint habe ich das letzte Mal bei Roald Dahls Buch. "Boy" erzählt autobiografische Episoden aus seiner Kindheit. Dahls Kindheit ist eine ohne Internet, mit viel Draußen, mit viel Familie. Ich bin gut im Vermissen von Zeiten, zu denen ich noch nicht geboren war. Ich vermute allerdings, dass Menschen, die bei Filmen und Büchern weinen, entweder sehr empathisch oder sehr narzisstisch sind. (Um das herauszufinden, müsste ich endlich diesen verdammten Empathie-Band lesen.)

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