Rihannas neues Musikvideo:Tarantino wäre stolz

Rihanna

Happy End in der Kiste, mit Blut, Blunt und Cash. Beim Video zu "Bitch Better Have My Money" hat Sängerin Rihanna selbst Regie geführt.

(Foto: Robyn Rihanna Fenty/MegaForce)

Blut, Nippel, Hackebeil: Das neue Musikvideo zu "Bitch Better Have My Money" ist eine pompöse Demonstration von Rihannas Image. Wie schockierend! Oder?

Von Anja Perkuhn

Sie ist nackt. Und mit Blut beschmiert. Und an ein paar spärlichen Stellen wie dem Venushügel notdürftig mit Dollars bedeckt. Rihanna liegt in einer Louis-Vuitton-Kiste auf Geldscheinen, die Sonne geht langsam auf und die Königin des Provokations-Pop kifft.

Beim Musikvideo zu "Bitch Better Have My Money" hat RiRi höchstselbst Regie geführt: Ein bizarrer Sieben-Minuten-Roadmovie mit allerlei Anlehnungen an "Natural Born Killers", "Bonnie and Clyde" oder "Kill Bill".

Rihannas neues Musikvideo

"Bitch Better Have My Money"

Was alles vor der Kisten-Szene geschieht: Eine ziemlich wütende Rihanna schnappt sich im Fahrstuhl ein blondes Frauenpüppchen, stopft es in eine Kiste und diese wiederum in einen Kofferraum und braust durch die Gegend. Manchmal darf die Dame dabei auch nackt und mit einem Klebestreifen über dem Mund auf der Rückbank liegen.

Irgendwann lassen Rihanna und ihre zwei comichaften Freundinnen die Blondine in einem Lagerhaus von der Decke hängen. Die Brüste der wieder einmal ausgezogenen Entführten wogen hin und her - möglicherweise eine Hommage an Miley Cyrus' damals ebenfalls als "Skandal" bezeichnetem Video zu "Wrecking Ball".

Im Hotel mit Alkohol und Bong - Stockholm-Syndrom-Party!

Eine Hotelszene mit Alkohol und Bong weitet sich - woohoo! - zu einer Stockholm-Syndrom-Party aus, bei dem die Entführte, jetzt mit Lockenwicklern im Haar, ordentlich abgefüllt wird. Rihanna, im weißen Pelz auf einer Yacht, wirft lässig ein Handy in die Luft und zerschießt es noch lässiger mit einer Waffe, bevor es ins Meer fällt. Rihanna überprüft ihren Kontostand. Der zeigt 420 Dollar - ein nicht mehr ganz so geheimer Insiderwitz von Marihuana-Rauchern mit einem Ursprung in den 70ern, inzwischen ist der 20. April der Pot Smokers Day.

Dazwischen tauchen die Schauspieler Eric Roberts als notgeiler Sheriff und Mads Mikkelsen als mieser Buchhalter auf. An Mikkelsen rächt sich die wütende Protagonistin - angeblich in Anlehnung an die Realität - , weil er sie um viel Kohle gebracht hat: Die Blondine ist seine Frau. "Bitch better have my money!", sagt Rihanna, eine Axt aus ihrem Waffenarsenal in der Hand, auf der das Label "Fucked up my credit" ("Hat mein Vermögen ruiniert") klebt.

Sehr wahrscheinlich lebt er nicht mehr lange, zumindest suggeriert die Happy-End-Szene mit Rihanna, Blut, blunt und Cash in der Kiste. Skandalös! Oder? Eigentlich überhaupt nicht.

Wen das schockiert, der hat die vergangenen Jahre verpennt

Die Kunstfigur, die sich die junge Frau aus der Karibik da erschaffen hat, ist zehn Jahre nach ihrem Teenieauftritt mit bauchfreiem Top und rehbraunem Haar im Clip zu ihrer Debütsingle "Pon De Replay" ein Beweis dafür: Rihanna pflegt ihr "Ich scheiß' auf alle Regeln"-Image einfach exzellent. Aber nichts davon ist noch nie dagewesen. Wen das noch schockiert, der hat die vergangenen Jahren der Popkultur verpennt.

Gras rauchen, rumhuren, nackt sein, schmutzig sein, Gewalt ästhetisch darstellen und Verbrechen verharmlosen im Mainstream - das wurde schon zigfach in der Popkultur inszeniert. Snoop Dogg/Lion hat das gepflegt, ebenso Christina Aguilera und The Prodigy mit ihrem nach kaltem Rauch und Kotze riechendem Clip zu "Smack My Bitch Up". Miley Cyrus hat es für ihre zweite Pubertät genutzt, ebenso etwa jeder zweite Rapper mit Hintern, Brüsten und blankpolierten Waffen. Nas wurde gekreuzigt, Jay-Z und Beyoncé waren Bonnie & Clyde, und nicht zu vergessen: Madonna brachte Sex und Christlichkeit zusammen unter in "Like A Prayer".

Die Heldin mit einem verschwitzten Gesicht, an dem wunderschön malerisch das Blut herabläuft, wie Rihanna sich am Ende des Videos präsentiert, erinnert an Quentin Tarantino und jede dritte US-Serie der vergangenen paar Jahre, die Gewalt schönmachen, interessant - und lukrativ.

Also: Alle mal tief durchatmen. Das ist kein echtes Blut, das der Sängerin am Näschen klebt. Das Geld, auf dem sie ihren Hintern platziert hat, dagegen sehr wahrscheinlich schon. Ein feiner Unterschied, den man nicht vergessen sollte.

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