Professor für Amerikanistik:Wie robust ist die amerikanische Demokratie?

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"Die Verfassung ist ein Stresstest", mein Michael Hochgeschwender zu Amerikas Grundgesetz. (Foto: dpa-tmn)

Michael Hochgeschwender, Professor für Amerikanistik, erklärt, ob den USA unter Donald Trump eine Staatskrise droht - und woran der US-Präsident scheitern könnte.

Von Johan Schloemann

Michael Hochgeschwender haust ein wenig versteckt in einer Bücherhöhle in der Münchner Schellingstraße, aber sobald man ihn dort zum Gespräch besucht, merkt man schnell, dass der Mann alleine einen ganzen Think Tank ersetzt. Als Professor am Amerika-Institut der Ludwigs-Maximilians-Universität hat er maßgebliche Bücher zur Geschichte der Amerikanischen Revolution oder des Bürgerkrieges geschrieben, aber Hochgeschwender verfolgt zugleich jeden Winkelzug der aktuellen Lage - und natürlich auch US-Präsident Donald Trump. Auf Twitter.

Seit dessenn Amtsantritt ist täglich von Begriffen wie " Checks and Balances", "Executive Order" oder "Supreme Court" die Rede. Und mit einem Mal fragt sich die Welt: Wie robust ist überhaupt die amerikanische Demokratie? Kann die Jahrhunderte alte Gewaltenteilung in den USA einen autokratischen Präsidenten in die Schranken weisen? Oder ist Amerika jetzt schon kurz vor der Staatskrise?

Die Macht von 100 Zaunkönigen

Michael Hochgeschwender kann erklären, warum einzelne Juristen in den USA tatsächlich schon ernsthaft über einen Militärputsch gegen Trump nachdenken - als Option für den Fall, dass es zum offenen Konflikt zwischen den Verfassungsorganen käme. "Die Verfassung ist im Stresstest", sagt er. Hochgeschwender glaubt, dass vermutlich noch eher der US-Senat als das Oberste Gericht zum Bollwerk gegen den Präsidenten werden könnte: "Im Senat sitzen traditionell 100 kleine Zaunkönige aus 50 Staaten, die sich ungern allzu viel vorgeben lassen. Da könnte auch Trump mal die Mehrheit verlieren."

Wenn ein USA-Experte wie Michael Hochgeschwender auf die Möglichkeiten der US-Verfassung blickt und auf Präzedenzfälle aus der Geschichte, dann entdeckt er auch ein paar Hoffnungsschimmer. Andererseits analysiert er die ideologische Verschärfung bei den radikalen Konservativen, die Trump unterstützen und die offenbar seine unversöhnliche Antrittsrede geschrieben haben. Es gebe "einen neuen Fundamentalismus, der aber nicht mehr primär religiös ausgerichtet ist". Darum muss man in nächster Zeit auch sehr genau beobachten, was die engsten Berater des Präsidenten tun und ob es Konflikte zwischen ihnen gibt, sagt Hochgeschwender - während möglicherweise "Donald Trump mehr vor dem Fernseher sitzt, als sich um die Politik zu kümmern".

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