Oper:Bühnenkoller

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Der Regisseur Yannis Houvardar inszeniert Mozarts "Così fan tutte" an der Oper Stuttgart im Grundzustand der Langeweile.

Von Michael Stallknecht

Es erstaunt immer wieder aufs Neue, was Mozart alles mit Musik erzählen konnte: Langeweile zum Beispiel - in der Ouvertüre zur Oper "Così fan tutte". An der Oper Stuttgart versucht der griechische Regisseur Yannis Houvardas gleich das ganze Stück aus diesem Grundzustand heraus zu deuten: als eine Reihe von Spielen, in die alle Beteiligten eingeweiht sind, weshalb auch alle von Anfang bis zum Schluss immer auf der Bühne bleiben. Die Idee klingt nicht schlecht und lässt sich im Programmheft entsprechend cool mit einem Essay des Modephilosophen Byung-Chul Han dekorieren und auf der Bühne (Herbert Murauer) durchstylen. Nur hat die Sache einen Haken: Zehn Minuten nach Beginn hat man die Idee bereits verstanden und sich an den sechs Figuren auf der Bühne sattgesehen. Die Oper allerdings geht dann noch dreieinhalb Stunden weiter, in denen sich die Zuschauer mindestens ebenso langweilen wie die Sechs auf der Bühne.

Denn einerseits bleiben gespielte Gefühle nun mal uninteressant, weshalb es Mozart gerade um das Umkippen in die echten ging. Andererseits lässt Houvardas die gerade nicht singenden Sänger beständig stumme Emotionen spielen, die in der Erarbeitung hochkomplex gewesen sein müssen, in der Außensicht allerdings zunehmend wirken wie eine schwere kollektive Depression. Wie viel klarer da die Musik agiert, belegt wenigstens die musikalische Umsetzung durch den Dirigenten Sylvain Cambreling, dem mit dem Staatsorchester Stuttgart eine beachtliche Bandbreite gelingt. Kriegt er in den Folgevorstellungen noch die zahllosen Wackler des Premierenabends in den Griff, könnte man die Reise nach Stuttgart aus musikalischen Gründen fast schon wieder empfehlen. Denn auch die Sechs auf der Bühne klingen allesamt klar, intonationssicher und vor allem sehr homogen. Was angesichts des Gruppenkollers, der sie in den Proben unweigerlich ereilt haben dürfte, eine beachtliche Leistung ist.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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