Naturbilderbuch:Häuslebau am Fluss

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Das Leben und die Arbeit der Biber werden in diesem Sachbuch schon für Kleine sehr anschaulich dargestellt. Auch, warum sie menschliche Feinde haben.

Von Sebastian Herrmann

Illustration aus: Eva Sixt: Am Biberteich. Atlantis Verlag, Zürich 2018. 26 Seiten, 14,95 Euro. (Foto: Verlag)

Dem Biber eilt ein übler Ruf voraus. Das Nagetier gilt als Zerstörer, und wer sich beim Sonntagsspaziergang umsieht, der übernimmt diese Meinung rasch. Am See zum Beispiel liegen Bäume in den sumpfigen Wiesen. Und was noch steht, ist bereits angenagt. Manche Stämme sind mit Maschendrahtzaun vor den scharfen Zähnen der Tiere gesichert. Wären diese verbliebenen Stämme nicht derart geschützt, so denkt man sich, würde es hier bald aussehen wie im Stangenwald nach einem Sturm: Stämme, die kreuz und quer liegen, nichts als Verhau und Zerstörung. Doch wie so oft stimmen diese Gedanken nicht mit der Realität überein. Den Biber als Zerstörer zu schmähen greift zu kurz und wird dem Wirken dieser Tiere nicht gerecht. Wer sich nur ein paar Minuten in das Bilderbuch "Am Biberteich" von Eva Sixt vertieft, der lernt die Tiere als Schöpfer kennen, ohne den unzählige Tier- und Pflanzenarten keinen Lebensraum finden würden.

Wer den Biber mit einem Wort beschreiben möchte, der sollte den Begriff "Bauarbeiter" wählen. Natürlich nagen die Tiere Bäume nicht aus Jux und Tollerei um, sondern um ihr Revier so zu gestalten, dass sie darin anständig leben können. Der Biber ist ein Häuslebauer, in dessen Nachbarschaft sich Vögel wie die Bekassine, der Eisvogel oder der Specht wohlfühlen. Und indem die Tiere mit ihrem Bauholz Dämme errichten, um Bäche zu Teichen aufzustauen, bieten sie auch Fischen, Flusskrebsen, Wasserschnecken und Fröschen Unterkunft. Vielen dieser Tiere ergeht es nämlich wie Mietern in der Innenstadt von München: Sie finden keinen Wohnraum. Froh und dankbar müssen sie sein, wenn sich Biber ansiedeln und das beginnen, was ahnungslose Spaziergänger als ziemliches Zerstörungswerk abtun.

Das Bilderbuch "Am Biberteich" gleicht einem detailreichen, ausführlichen und großzügigen Lexikonbeitrag über viele Facetten des Bibers. Neben seinen Diensten an anderen Tieren und Pflanzen schildert die Autorin eindrücklich seine Ingenieurleistungen: So ist er in der Lage, mit seinen Dämmen den Pegel eines Teiches exakt zu steuern, s dass in seinen Burgen genannten Unterkünften stets das Wasser in gewünschter Höhe steht. Der Eingang zu den Wohnungen befindet sich nämlich stets unter Wasser, das hält lästige Feinde schon mal fern.

Der ärgste Feind des Bibers ist der Mensch, der sich von Eingängen, die unter Wasser liegen, selbstredend nicht abhalten lässt. Vor etwa 150 Jahren waren Biber in Deutschland so gut wie ausgerottet. Das lag übrigens auch daran, dass Mönche die Tiere wegen ihres schuppigen Schwanzes zu Fischen erklärten - und Fische durften ja während der Fastenzeit im Gegensatz zu Fleisch gegessen werden.

In der Gegenwart breiten sich Biber an vielen Orten wieder aus und - obwohl sie unter Naturschutz stehen - die Tiere haben nicht nur Fans. Landwirte, deren Felder nahe an Gewässern liegen, leiden unter dem Appetit und dem Bautrieb der Tiere, Fischern und Forstwirten rauben die Nager ebenfalls Geld und Nerven. Auch das thematisiert das Buch, das sich an Leser von etwa acht Jahren aufwärts richtet. Wer sich aber mit all den Facetten dieser erstaunlichen Tiere beschäftigt, der kann nicht anders, als den Biber und seine Fähigkeiten bewundern. (ab 8 Jahre)

© SZ vom 13.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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