"Miss Bodyguard" im Kino:Gleichberechtigung ist ...

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Flüchtige Bekannte: Sofia Vergara und Reese Witherspoon. (Foto: Warner)

... wenn weibliche Regisseure genauso viel Mist bauen dürfen wie ihre männlichen Kollegen. Dabei folgt "Miss Bodyguard" mit Reese Witherspoon eigentlich einer alten Erfolgsformel.

Von Susan Vahabzadeh

Auch Humor geht mit der Mode. Es gibt komische Szenen, die schon vor hundert Jahren funktioniert hätten. Das qualvoll Komische allerdings ist neu. Jene Momente also, in denen man sich im Kinositz windet, und vor allem deswegen lacht, weil man kaum zusehen kann bei dem, was die Figuren auf der Leinwand durchmachen.

In "Miss Bodyguard" beispielsweise sind zwei Frauen auf der Flucht, die Polizistin Rose (Reese Witherspoon) und Mrs. Riva (Sofia Vergara), die Gattin eines Drogenbarons. Einmal werden sie von einem Farmer auf seinem Land entdeckt, er richtet sofort sein Gewehr auf die beiden. Damit er nicht die Polizei holt, spielen sie ihm ein lesbisches Paar vor, knutschend, ganz sicher, dass ihn das ablenken wird, obwohl sie einander nicht leiden können - das ist ziemlich witzig, und als Ablenkungsmanöver funktioniert das sabbernde Gestöhne so hervorragend, dass sich der Farmer schließlich versehentlich selbst in die Hand schießt.

Anne Fletcher hat "Miss Bodyguard" inszeniert, auch das ist gerade in Mode - Frauenkomödien. Der ganze Film dreht sich um Witherspoon und Vergara ("Modern Family"), die ihre Verfolger mit Menstruations-Unterhaltungen aus dem Konzept bringen und auf der Flucht einen Koffer voller Schuhe dabei haben.

Nicht annähernd so legendär wie Jack Lemmon und Walter Matthau

Letztlich folgt "Miss Bodyguard" aber einer ganz alten Formel: Einen Pedanten mit einem Vollchaoten zusammenzusperren, diese Konstellation gehört zur Komödiengrundausstattung. Jack Lemmon und Walter Matthau waren Meister darin, sich gegenseitig sehr unterhaltsam in den Wahnsinn zu treiben - "Ein seltsames Paar" eben. Es ist aber nicht zu erwarten, dass die Zwangsgemeinschaft von Rose und Mrs. Riva annähernd so legendär wird, obwohl Rose sehr schön übereifrig und kleinkariert ist und damit die zickige, coole Mrs. Riva sehr hübsch nervt.

Die überorganisierte Rose, die sonst in der Asservatenkammer arbeitet, hatte die Rivas eigentlich nur begleiten sollen auf dem Weg zu ihrer Aussage. Doch dann gibt es einen Überfall, Roses Chef und Rivas Mann bleiben auf der Strecke, und die Frauen flüchten nun quer durch den amerikanischen Süden vor Roses korrupten Kollegen und den Killern eines Kartells.

Danebengegangen

Diese beiden Frauenfiguren sind so schön sperrig und absurd, dass "Miss Bodyguard" ein reines Vergnügen hätte werden können - aber dann macht das Drehbuch immer noch eine Pirouette und noch einen sinnlosen Schlenker, bis die Sache ein wenig langweilig wird. Das wäre es gewesen: ein paar richtig gute Gags mehr und ein paar absurde Wendungen weniger.

Damit ist dann die erste der neumodischen Frauenkomödien, die Hollywood derzeit nacheinander aufs Publikum loslässt, danebengegangen. Macht nichts. Gleichberechtigung ist, wenn weibliche Regisseure genauso viel Mist bauen dürfen wie ihre männlichen Kollegen.

Hot Pursuit, USA 2015 - Regie: Anne Fletcher. Drehbuch: David Feeney, John Quaintance. Kamera: Oliver Stapleton. Mit: Reese Witherspoon, Sofia Vergara , Jim Gaffigan, Robert Kazinsky, John Carroll Lynch . Verleih: Warner, 87 Minuten.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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