"Lady Vegas" im Kino:Selten so viel Arbeit gesehen

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Stripperin Beth versucht den Neustart in Las Vegas. Dort warten Bruce Willis - in weißen Socken und Floridahemd - sowie Catherine Zeta-Jones als tussige Tulip. Doch eigentlich geht es in "Lady Vegas" um die Mühen der Spekulation.

Fritz Göttler

Ein Film aus der arbeitenden Bevölkerung. Beth werkelt als Stripperin in Florida, aber eines Tages wird ihr das zu öde, zu riskant, zu pervers. Sie quert den Kontinent und versucht in Las Vegas einen Job zu finden, kellnern in einer der schicken Bars dort oder so.

Rebecca Hall als Beth Raymer in "Lady Vegas" von Stephen Frears - sie ist eine, die weiß, worauf es in der Stadt ankommt. (Foto: dapd)

Aber dann gerät sie an Dink, Inc., das kleine Wettbüro von Dink Heimowitz, wo's um Pferde- oder Autorennen, Eishockey, Base- oder Football geht. Dink hockt da mit seinen Mitarbeitern an einem langen Tisch, an den Wänden lauter Bildschirme, die den Stand der Spiele und der darauf laufenden Wetten dokumentieren. Bruce Willis ist Dink, in Floridahemden und Khaki-Shorts und weißen Socken, länger als alle, die Jerry Lewis je trug.

Stephen Frears zeigt die andere Seite der Spielerstadt Las Vegas, tagsüber, wenn das Kunstlicht pausiert und die Himmel zerlaufen wie ein Wasserfarbenbild. Die Mädels sind flachgelegt durch die Hitze, nackt auf ihren Liegen, nur Beth, die Ex-Stripperin, hat einen Bikini an.

Der Film entstand nach dem gleichnamigen Erinnerungsbuch von Beth Raymer, das ein Bestseller in Amerika war. Noch während sie daran schrieb, hat D. V. DeVincentis angefangen, ein Drehbuch danach zu verfertigen, und dieses kreative Chaos macht den Film ganz lebendig und hat den Unwillen von Kritikern erregt, die jeden Film unbedingt dramaturgisch abgesichert und mit handfestem Spannungsbogen haben möchten.

Britische Mädchen spielen deftige amerikanische tarts

Rebecca Hall ist Beth, und Dink reagiert natürlich auf ihre Reize, aber mehr noch auf ihre Fähigkeit, mit Zahlen zu hantieren. Er lernt sie an, und sie ist durchaus willig. "Du fragst nach dem Minnesota-Spiel 224. Wenn du ne Minus 6 kriegst, wettest du zwei Riesen..." Dink führt seinen Laden als Family Business, als Großfamilie. Als seine Frau Tulip (Catherine Zeta-Jones) von einer Kreuzfahrt heimkommt, gibt es Unruhe und Zoff, Beth muss verschwinden. Sie quert erneut den Kontinent, geht nach New York. Sie hat an einem der Spielautomaten in einem der Casinos einen Jungen von dort kennengelernt, einen Journalisten. In New York ist das Glücksspiel verboten.

Stephen Frears hat mächtig Spaß daran, seine britischen Mädchen Zeta-Jones und Hall deftige amerikanische tarts spielen zu lassen. Er mag die kleinen Leute, die kleinen Handwerke. Beth klinkt sich überall ein, verhakt sich in verwirrenden Beziehungen. Sie ist schusselig und selbstsicher zugleich, aus ihrem alten Job hat sie die verquirlten Locken mitgebracht, an denen sie nervös gerne zupft, wenn sie Dinks Deals bei den Kunden ungeniert immer weiter dreht.

Selten hat man im Kino so viel Arbeit gesehen

Mit dem Kino ist es ganz leicht geworden, das Ineinander von Verführung und Geld darzustellen. Man arbeitet mit Virtuellem in diesem Film, mit Virtualitäten, aber es gibt keinen Hintersinn, kein Doppelspiel. Die Frauen sind ganz eindeutig gekleidet, knappe Shirts und noch knappere kurze Jeans, große Taschen am Körper baumelnd, Cowboystiefel an den staksigen Beinen. Eine große Aufrichtigkeit ist in ihren Augen, ein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, eine Loyalität. Das Tempo ist merklich langsamer als in den großen amerikanischen Komödien, von Hawks und Preston Sturges. Aber der amerikanische Traum ist der gleiche geblieben. Dass alles am Ende womöglich einfach wie ein Spiel ist.

Selten hat man im Kino so viel Arbeit gesehen. Rennverläufe studieren, Wetten legen, Quoten beeinflussen und Menschen manipulieren. Arbeit, die Teil des Lebens ist, ins Leben immer eingreift. Dinks Wettbüro ist eine kleine kreative Variante zu den Machenschaften an den Börsen, in den Großraumbüros der großen Banken und Investmentfirmen - wo man die Konsequenzen nicht mehr überschauen kann, die man mit seinem Handeln bewirkt. Frears' Film ist ein kleines Gegenstück zu "Cosmopolis", David Cronenbergs Krisenfilm aus New York, über den Zusammenbruch der ideologischen Währungen. Man weiß nicht mehr, was Freiheit wert ist. Bei Frears jedenfalls stimmt, was die Schauwerte angeht, das Verhältnis von Nachfrage und Angebot.

Lay the Favorite, USA/GB 2012 - Regie: Stephen Frears. Buch: D. V. DeVincentis. Nach dem Buch von Beth Raymer. Kamera: Michael McDonough. Schnitt: Mick Audsley. Produktionsdesign: Dan Davis. Mit: Bruce Willis, Rebecca Hall, Catherine Zeta-Jones, Vince Vaughn, Joshua Jackson, Laura Prepon, Frank Grillo, Joel Murray. Wild Bunch, 94 Minuten.

© SZ vom 19.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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