Kurzkritik:Friedliche Revolution

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Der Tanz der mexikanischen Band "Panteón Rococó"

Von Dirk Wagner, München

Selbstverständlich ist die "No Wall"-Tour der mexikanischen Band Panteón Rococó eine Reaktion auf Donald Trumps Forderung nach einer Mauer zwischen Mexiko und den USA. Das Konzert der Mexikaner im Feierwerk zeigt indes auch, welche kulturellen Möglichkeiten eine solche Mauer ausgrenzen würde: etwa die Bereicherung des anglo-amerikanisch dominierten Popmarkts um die mexikanische Musik der Panteón Rococó. Und diese ist ohnehin schon eine Stilmischung, die über etwaige Mauern hinweg stattfindet. Ska, Punk und Rock werden hier mit lateinamerikanischen und mexikanischen Stilen wie Cumbia, Salsa und Mariachi zur sogenannten Mestizo-Musik vereint. Trotz des mexikanisch anmutenden Grundtons ist das Ergebnis solcher Stil-Vereinigung eine geradezu globalisierte Musik, die die Welt schon lange nicht mehr als Aneinanderreihung einzelner Nationen begreift.

Entsprechend sind auch die Themen, die Panteón Rococó in ihrer Musik aufbereiten, - trotz einiger Mexiko-Bezüge - globaler Natur. Denn die Ausbeutung in einer nur wirtschaftlich globalisierten Welt, wie Panteón Rococó sie in "La Carencia" besingen, wirkt letztlich auch auf den hiesigen Arbeitsmarkt. "Nach Unten! Nach Unten!", skandieren darin die Mexikaner auf Deutsch. Gemeint sind unter anderem die Löhne, die nach unten gehen würden.

Als ob die Zuschauer im Feierwerk sich solcher Unterdrückung unterordnen würden, folgen sie dem Skandieren aber als Aufforderung und begeben sich kollektiv in die Hocke. Solches Ritual, dem sodann das erlösende Aufspringen folgt, ist auch in anderen Popkonzerten geläufig. Aber selten wird solches Aufstehen auch mit einem politischen Aufstand assoziiert wie in einem Panteón-Rococó-Konzert, wo die Zuschauer die gleichfalls auf Deutsch formulierte Aufforderung der Band nun hüpfend mitschreien: "Nach oben! Nach oben!" Und bald wird allen Anwesenden deutlich: Die friedliche Revolution, die hier getanzt wird, hält ohnehin keine Mauer mehr auf.

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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