Kurzkritik:Der Mühe Lohn

Das Hagen-Quartett beeindruckt im Prinzregententheater

Von Rita Argauer, München

Mit dem Dokumentarfilm "4", der das französische Streichquartett Quatuor Ébène beim Üben, auf Tournee und beim Streiten begleitet, wurde erschreckend klar, wie viel Wut und Disziplin in der Arbeit eines Streichquartetts steckt. Die drei Geschwister des Hagen-Quartetts geben sich diesem aneinandergeschmiedeten Musizieren schon seit der Kindheit hin. Mit Rainer Schmidt an der zweiten Geige spielt das Ensemble nun seit Ende der Achtzigerjahre in gleicher Formation. Und mittlerweile präsentieren sie einen so klaren, pointierten und sauberen Klang, dass sich der emotionale Ausdruck wie eine kontrollierte Sprengung darüber ergießt und den Hörer in die ständige Spannung versetzt, was denn passieren würde, wenn die Kontrolle einmal aufhört.

Im Konzert im Prinzregententheater ummanteln sie György Kurtágs "12 Mikroludien", op. 13, und Anton Weberns Miniatur-Streichquartett, op. 5, mit Haydns "Kaiserquartett" und dessen D-Dur-Quartett, op. 76, Nr. 5. Die klassische Form trifft dabei ausgesprochen erquickend auf ihre modernen Dekonstruktionen. Doch auch innerhalb der Stücke zeigen die Musiker neue Konstruktionsvorschläge dieser Musik: Etwa ein melancholisch-versonnener Nationalhymnen-Satz im "Kaiserquartett", kurze Tristan-Akkord-Gefährlichkeit in Weberns Geräuschentdeckungen, verwunschenes Mikro-Tonalitätsbegehren bei Kurtág und zuletzt knisternde Spannung als Balanceakt zwischen Sauberkeit und Überwältigung im Finale von Haydns D-Dur-Quartett. Die Arbeit, die hinter einer solchen Kunst steckt, mag zermürbend sein. Das, was dabei entspringt, ist jedoch großartig.

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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