Kunst von Nicht-Könnern:Museum für miese Kunst

So schlecht, dass es schon wieder gut ist - diese Phrase haben sich die Gründer des Museum of Bad Art zu Herzen genommen. Besonders beliebt bei schlechten Künstlern: Haustiere und ein phänomenales Unvermögen für menschliche Proportionen.

Von Anne Hemmes

Kunst von Nicht-Könnern

"Lucy in the Field with Flowers"

1 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

So schlecht, dass es schon wieder gut ist. Diese Phrase haben sich die Gründer des Museum of Bad Art zu Herzen genommen. Seit 1994 stellen sie in Boston Kunst aus, die misslungen ist. Mit Erfolg. Angefangen hat es mit diesem Bild, "Lucy in the Field with Flowers". Der Kunsthändler Scott Wilson fand die Malerei im Müll. Er wollte bloß den Rahmen behalten und zeigte seinem Freund Jerry Reilly das Ölgemälde. Der fand es scheußlich, aber auf eine besondere Art und hängte es zu Hause auf. Nach und nach bekam er von Freunden und Bekannten weitere Bilder. Schnell waren es 20 bis 30 Stück. Statt einer Einweihungsparty verwandelte Reilly seine neue Wohnung für einen Abend in eine Art Museum für miese Kunst, erzählt Geschäftsführerin Louise Reilly Sacco. "Plötzlich waren 200 Leute da, obwohl nur 50 eingeladen waren. Die Gäste erzählten Freunden davon, die spontan vorbeikamen", sagt sie. "Am nächsten Tag hatten wir dann die Idee für das Museum."

Kunst von Nicht-Könnern

"Charlie and Sheba"

2 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Inzwischen beheimatet das Museum of Bad Art in Boston über 700 Bilder und ein paar Skulpturen. Ausgestellt werden aktuell rund 200 Werke an vier verschiedenen Orten, unter anderem im Keller eines Kinos, in einem Pop-up-Store und einer Tierarztpraxis. Vor ein paar Jahren waren es noch zwei Ausstellungsräume. Ein besonders beliebtes Motiv sind Haustiere. "Die Leute sind einfach sehr leidenschaftlich, wenn es um ihre Tiere geht", sagt Reilly Sacco. Dieses Werk eines unbekannten Malers kaufte Museumsleiter Michael Frank in einem Gebrauchtwarenladen. "Es ist eines der beliebtesten Bilder", sagt die Geschäftsführerin. Zu jedem Bild schreiben die Kuratoren kurze Interpretationen. "Wir wollen den Besuchern die Werke erklären, Fragen klären und aufwerfen." Zu diesem hier heißt es zum Beispiel: "Weil er das ununterbrochene Gebelle nicht mehr ertrug, nahm Charlie, der Chipmunk, ein Pflaster und klebte es Sheba, der Schäferhündin, auf den Mund bevor er mit ihr auf dem Picknicktisch posierte."

Kunst von Nicht-Könnern

"Spewing Rubik's Cubes"

3 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Das Museum besitzt nicht viele abstrakte Werke. "Es ist oft nicht leicht, zu verstehen, was der Künstler vermitteln wollte", sagt sie. Und ins Museum of Bad Art kommen laut der Kuratorin vor allem auch Besucher, die sich in einem normalen Museum nicht wohlfühlen, die dort eingeschüchtert sind. "Sie haben das Gefühl, sie wissen vielleicht nicht genug über Kunst. Bei uns reden die Besucher dagegen sehr viel. Es ist kein stiller Ort."

Kunst von Nicht-Könnern

"Peter the Kitty"

4 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Die Kunst in ihrem Museum sei für diese Besuchergruppe leichter zugänglich, sagt Reilly Sacco. Aber auch Schülergruppen und Studenten kämen häufig vorbei. "Die Leute, die zu uns kommen, mögen schlechte Kunst und wollen das mit anderen teilen. Wir haben ein bisschen gebraucht, bis wir verstanden hatten, was den Leuten daran so viel Spaß macht." Pro Monat bekommt das Museum of Bad Art 20 bis 30 neue Bilder angeboten. Ausgewählt werden meist drei bis vier. "Es muss Kunst sein, ernsthafte, echte Kunst", erklärt sie. "Aber etwas ist dabei schief gelaufen, das es interessant macht. Zum Beispiel die Wahl des Objekts, das gezeichnet wurde oder das man sieht, dass der Künstler nicht weiß, wie er den Pinsel halten soll." Auf der Webseite des Museums finden sich weitere Regeln. Unter anderem werden keine Bilder nach dem Malen-nach-Zahlen-Prinzip akzeptiert.

Kunst von Nicht-Könnern

"Mana Lisa"

5 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Neben Tierbildern werden auch viele Porträts beim Museum of Bad Art abgegeben. "Viele haben Probleme, wenn sie Hände oder Füße zeichnen", sagt Reilly Sacco. Bei diesem Werk hat sich Andrea Schmidt aus Vancouver offensichtlich an einer Interpretation der Mona Lisa versucht. Die Deutung des Museums: "Mana Lisa's Nase ist wichtig für die Komposition des Bildes. Sie gleicht die Beziehung zwischen dem Hintergrund, der verschwindet, und dem Vordergrund aus. Vielleicht helfen Anagramme aus dem Buch "Der Da Vinci Code", das Bild noch besser zu verstehen."

Kunst von Nicht-Könnern

"Dog"

6 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Die Geschäftsführerin betont, dass sie sich nicht über die Kunst lustig machen. "Wir mögen alle Stücke, die wir ausstellen. Unser einziges Problem ist unser Name." Und auch die Künstler würden gerne bei Ihnen ausstellen. "Sie können nicht verlieren. Wenn wir sie ablehnen, sind sie vielleicht zu gut und wenn wir sie nehmen, dann hängen sie in einem Museum." Dieses Bild mit dem schlichten Namen "Dog" wird von den Kuratoren so interpretiert: "Eine bemerkenswerte Fusion von Ski Resort und Wolfsjungem. Stoische Ruhe in seinen gelben Augen, gefroren unter dem eisbedeckten Gipfel - "Dog" fordert den Betrachter auf, die alten Konzepte von Landschaft zu überdenken."

Kunst von Nicht-Könnern

"Til I was blue in the face"

7 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Trotz der über 700 Bilder, die das Museum besitzt, bekommen sie auch sehr viele Dinge, die sie nicht wollen. "Wir haben über die Jahre immer wieder Clowns-Bilder bekommen", sagt Reilly Sacco. "Irgendwann haben wir gesagt: Keine Clowns mehr."

Kunst von Nicht-Könnern

"Ronan the Pug"

8 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Die liebevoll erdachte Interpretation des Museums zum Bild "Ronan, der Boxer": "Die Liebe des Künstlers zu dem Hund übertrifft seine künstlerischen Fähigkeiten. Die Farbe ist mit wahllosen Pinselstrichen auf die Leinwand gebracht und sorgt für ein mattiertes, unmögliches Fell. In solcher Eile geschaffen, dass die Anatomie des Hundes nicht bedacht wurde, schafft es der Künstler, die Anmut des Hundes zu erfassen. Oder der Hund hat gerade den ganzen Eierlikör, der auf der Weihnachtsparty ausgelaufen ist, aufgeschlabbert und will gleich mit klarem Tenor eine Version von "Danny Boy" anstimmen."

Kunst von Nicht-Könnern

"Gilded Nude"

9 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Manche Besucher diskutieren auch mit den Kuratoren. "Einige kommen zu uns und sagen, dass sie nicht mit unserer Meinung übereinstimmen, dass sie dieses oder jenes Gemälde gut finden und es nicht für schlechte Kunst halten", sagt Reilly Sacco. Wir erklären ihnen dann, dass wir mit der Ausstellung nicht sagen, dass wir sie furchtbar finden, sondern, dass sie nur nicht die Kriterien für "gute Kunst" erfüllen.

Kunst von Nicht-Könnern

"My Favorite Things"

10 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Dieses Bild hat das Museum auf einem Hinterhof-Flohmarkt erworben. Die Deutung ist kurz und knapp: "Eine Zitrone und eine Yacht in einer Urinflasche. Die seltsame Darstellung der einzelnen Objekte verleiht dem sonst simplen Stillleben eine entrückte Qualität."

Kunst von Nicht-Könnern

"Dog bites man"

11 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Dieses Gemälde mit dem Titel "Hund beißt Mann" stammt aus Schweden und wurde dem Museum vom Maler überlassen. Alle paar Monate gibt es eine Wohltätigkeits-Auktion. Zwischen fünf und 70 Dollar zahlen die Besucher für manche Bilder, sagt Reilly Sacco. "Sie sehen offensichtlich etwas darin, das sie mögen."

Kunst von Nicht-Könnern

"The better to see"

12 / 12
(Foto: Used with permission of MOBA)

Es gebe auch Leute, die immer wieder ihre Bilder an das Museum geben. "Wir haben eine Künstlerin, die auch in einem klassischen Museum ausstellt", sagt Reilly Sacco. "Sie bringt uns Werke, bei denen mal etwas daneben gegangen ist. Momentan haben wir drei Bilder von ihr hier und sie ist stolz darauf, dass wir sie ausstellen." Das, was in einem kleinen Keller mit 30 Bildern begann, ist inzwischen so groß geworden, dass das Museum Werke aus aller Welt zugeschickt bekommt. Weil an den vier Ausstellungsorten nicht alle 700 Bilder untergebracht werden können, wird ein Teil der Werke online gezeigt.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: