Im Kino: Woher weißt du, dass es ... ?:Kommunikationsverstopfung

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Die Softballspielerin Lisa ist nicht mehr jung genug fürs Olympiateam, Manager George steht vor Gericht: James L. Brooks' Film erzählt vom Ausgemustertwerden - und ist zu groß, um als Komödie zu funktionieren.

Fritz Göttler

Dem Denken Raum geben ... das ist eine wunderbare Definition für das was Kino ist, die James L. Brooks in diesem Film präsentiert. Der supererfolgreiche Baseballstar Matty (Owen Wilson) hat die junge, nicht mehr ganz so erfolgreiche Lisa (Reese Witherspoon) zu sich in sein Junggesellenappartment eingeladen, aber ein paar Schritte vor dem Eingang, als der livrierte Portier schon die Tür für sie aufmachen will, zögert sie, will das ganze verschieben. Ich will dich nicht drängen, sagt Matty und weicht ein paar Schritte zurück. Was machst du, fragt sie, wieso gehst du zurück? Und er: Um dir Raum zum Nachdenken zu geben, deine Entscheidung zu treffen ... Eine Situation, eine Reflexion, so naiv und komplex zugleich, wie nur das amerikanische Kino es hinkriegt, in der Tradition von Hawks und McCarey und Griffith.

Und jetzt? Reese Whiterspoon kämpft in "Woher weißt du, dass es Liebe ist?" gegen das Abstellgleis. (Foto: dapd)

James L. Brooks ist ein großer moderner Naiver, das heißt, er zeigt in seinen Komödien, dass ohne Naivität sophistication gar nicht möglich ist. Er hat erfolgreiche TV-Serien betreut wie "Mary Tyler Moore" und die "Simpsons", hat Kinokassenerfolge geschaffen wie "Terms of Endearment/Zeit der Zärtlichkeit", "Broadcast News/Nachrichtenfieber" oder "As good As It Gets/Besser geht's nicht". Filme, die den Alltag der amerikanischen Gesellschaft abhorchten, ihre aktuellsten Obsessionen und Krisen aufspürten.

Es geht ums Ausgemustertwerden in seinem neuen Film "Woher weißt du, dass es Liebe ist?", auf höchstem Niveau. Lisa ist eine Softballspielerin, 31, nicht mehr jung und gut genug fürs Olympiateam. George (Paul Rudd) ist ein junger Manager, Sohn des Chefs, dem von der Steuerbehörde der Prozess gemacht wird - er ist offenbar ohne es zu wissen in Schmiergeldaffären verstrickt, und wahrscheinlich steckt sein undurchsichtiger, zu jeglichem Schuldeingeständnis unfähiger Vater dahinter - Jack Nicholson! "Ich trau mir selbst nicht", erklärt er dem Sohn, "ich habe immer Angst, ich könnte dich manipulieren. Ich weiß nicht sicher, ob ich es nicht gerade auch tue. Ich denke, ich tue es ..." Der Sohn hat derartige Logik erfolgreich für sich adaptiert: "Hast du nicht schon oft den Wunsch verspürt", erklärt er Lisa, "deine Sätze auszulöschen im Moment, da du sie gesagt hast ..."

Es gibt elementare Beziehungsmodelle in diesem Film, luhmannesk verfeinerte Spielarten moderner Kommunikation. Ein atemloses Stop-and-go von Verhaspeln, Abbrechen, Verschweigen, Rumdrucksen, Andeuten. Der Film ist zu groß, um als Komödie zu funktionieren, zu glanzvoll, zu glamourös (die Kamera machte Janusz Kaminski, der seit "Schindlers Liste" alles für Spielberg drehte). Manchmal versucht er deshalb, bei anderen Genres unterzuschlüpfen, Melodram und Familienfilm. Er verliert darüber seinen Drive, gerät ins Stocken, aber genau das macht seine Genialität aus. Das einzige Kommunikationssystem, das perfekt funktioniert - viel zu perfekt, leider -, sind die Busse der Stadt Washington.

HOW DO YOU KNOW, USA 2011 - Regie, Buch: James L. Brooks. Kamera: Janusz Kaminski. Mit: Reese Witherspoon, Paul Rudd, Owen Wilson, Jack Nicholson, Kathryn Hahn. Sony, 121 Minuten.

© SZ vom 22.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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