Im Kino: Willkommen in Cedar Rapids:Balance am Abgrund der Tristesse

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Im Komischen steckt immer schon das Drama: Als naiver Held fällt Ed Helms in die Welt, lernt ein bisschen was von ihr - sie aber vor allem von ihm. "Willkommen in Cedar Rapids" macht den "Hangover"-Star endgültig zum sympathischsten Komödien-Helden Hollywoods.

David Steinitz

Bei solchen Storys schickt Hollywood seine Drehbuchautoren normalerweise noch mal zurück in die Schreibstube: Tim Lippe, der Held von "Willkommen in Cedar Rapids", ist ausgesprochen naiv, frei von Zynismus, höchst integer, er ist von Beruf Versicherungsvertreter und seine heldenhafte Herausforderung besteht darin, dass er für seine Firma auf einen Kongress fahren muss.

In Cedar Rapids landet Tim Lippe (Ed Helms) in einer Horde verschwitzter Zyniker in schlecht sitzenden Anzügen - ein klassisches Spielfeld für Autor Johnston und Regisseur Miguel Arteta, um amerikanische Komödie zu praktizieren. (Foto: dapd)

Phil Johnston hat man zum Glück nicht zurückgeschickt - nun gilt er seit "Cedar Rapids", seinem ersten Script, zu Recht als große Drehbuch-Hoffnung in Amerika, und der so fad wirkende Tim Lippe ist derzeit der sympathischste Komödien-Held.

Ed Helms spielt ihn, der durch die TV-Serie "The Office" und im Männer-Quartett der beiden "Hangover"-Filme eine zuverlässige Größe im amerikanischen Comedy-Business geworden ist. Tim ist ein Anachronismus, weltfremd, nicht mal weltneugierig. Seine Lebensabenteuer-Bilanz ist miserabel, nie hat er es aus dem Heimatkaff herausgeschafft.

Einzige Ausnahme ist das wöchentliche Beisammensein - immerhin: im Bett - mit seiner Ex-High-School-Lehrerin (Sigourney Weaver), das er, unerfahren, zur großen Liebe uminterpretiert. Helms spielt diese Naivität ganz ernst, ohne seine Figur zu einem minderbemittelten Forrest Gump zu machen.

In Cedar Rapids landet Tim in einer Horde verschwitzter Zyniker in schlecht sitzenden Anzügen - ein klassisches Spielfeld für Autor Johnston und Regisseur Miguel Arteta, um amerikanische Komödie zu praktizieren.

Die ehrliche Begeisterung des Vertreters

Der naive Held fällt in großem Tohuwabohu in die Welt, lernt ein bisschen was von ihr - sie aber vor allem von ihm. Das Skurrile balanciert dabei immer sehr nah am Abgrund trister Kleinstadt-Vertreter-Biografien - im Komischen steckt immer schon das Drama.

Einer, der das in Hollywood ungemein vorzüglich durchspielen kann, ist John C. Reilly, der in "Cedar Rapids" als Prolo-Versicherungs-Dandler die Tragödie des einsamen, Erfolgsprämien jagenden, gehetzt die Sau rauslassenden Vertreters in eine kuriose Performance überführt.

Und mitten in diesem Biotop, wo die Kollegen besoffen mit einem Mülleimerdeckel auf dem Kopf durch den Pool treiben, sitzt Tim Lippe, der sich in eine Kollegin verliebt und ihr mit strahlenden Augen erzählt, wie wichtig der Beruf des Versicherungsvertreters sei. Weil man hier doch Menschen helfen könne, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.

CEDAR RAPIDS, USA 2011 - Regie: Miguel Arteta. Buch: Phil Johnston. Mit: Ed Helms, John C. Reilly, Anne Heche, Sigourney Weaver. Fox, 86 Minuten.

© SZ vom 12.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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