Im Interview: Emma Thompson:"Ich habe nicht dieses gewisse Etwas"

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Vor knapp 20 Jahren gewann sie den ersten Oscar, bald ist sie wieder im Kino zu sehen. Ein Gespräch über dicke Hintern und narzisstische Märtyrer.

G. Herpell

Emma Thompson, geboren am 15. April 1959, wuchs in einem Schauspielerhaushalt in London-Hampstead auf. Sie lebt heute mit ihrer Familie -dem Schauspieler Greg Wise, der gemeinsamen zehnjährigen Tochter Gaia und dem Adoptivsohn Tindy - immer noch in derselben Straße. Während ihres Englisch-Studiums in Cambridge stand sie bereits auf der Bühne, dann schrieb sie die TV-Sitcom Thompson . Für Wiedersehen in Howards End wurde Thompson 1992 mit dem Oscar als beste Schauspielerin ausgezeichnet, für Sinn und Sinnlichkeit von 1995 mit dem Oscar für das beste adaptierte Drehbuch. In den letzten Jahren befremdete sie als erzkatholische Mutter in Wiedersehen mit Brideshead und amüsierte als Professorin in Harry Potter. Jetzt spielt sie zum zweiten Mal die Zauberhafte Nanny (vom 1. April an im Kino), für die sie auch das Drehbuch schrieb. Im Interview mit der SZ am Wochenende spricht sie über narzisstische Märtyrer, mangelnde natürliche Anmut und Rastlosigkeit.

Emma Thompson über...

...ihren Hintern

Stimmt nicht! Ich möchte beispielsweise gut aussehen. Ich mache viel Sport, weil ich es schrecklich finde, nicht in Form zu sein. Ich komme mir da vor wie ein Tier, das fit bleiben muss. Ich habe einen ziemlichen Hintern, und ich möchte auf keinen Fall einen traurigen ziemlichen Hintern haben.

... narzisstische Märtyrer

Wir sind eben ein eigenartiges Volk: sehr stolz, sehr reserviert. Aber natürlich hängt so eine Haltung auch mit Calvin und Luther zusammen. Der Gedanke des Martyriums, der sich durch das Christentum im Allgemeinen zieht, hat die Menschheit stark geprägt. Aber wissen Sie, in meinen Augen ist der Märtyrer vor allem ein Narzisst. Es ist narzisstisch, zu sagen: "Ich brauche diese Art der Bestätigung anderer Menschen nicht."

...die Sucht nach Bestätigung

Es geht eher um das Erbringen von Leistung. Das Gefühl, das damit verbunden ist, etwas zu erreichen, macht süchtig. Menschen, die daran gewöhnt sind, etwas zu leisten, finden es immer sehr schwierig, mal aus diesem Muster auszuscheren, denn das hält sie am Laufen.

Immer kommt die nächste Herausforderung, und die nächste und wieder die nächste, man will dieses, muss jenes schaffen.Man muss sich irgendwann selbst bewusst eine Zeit verordnen, in der man nichts leistet. Einen Entzug. Um auf mich zurückzukommen: Während ich älter werde, stelle ich fest, dass ich immer noch vieles erreichen möchte. Aber ich bin besser darin geworden, mir die Dinge auszusuchen, die mir Spaß machen.

...Rastlosigkeit

Wenn ich in London irgendwohin muss, dann laufe ich. Wenn ich nirgendwohin muss, dann laufe ich auch. Ich muss gehen. Viel gehen. Es ist meditativ für mich, denn ich denke dabei wirklich so gut wie gar nicht, ich bewege mich einfach in eine Richtung. Ich koche - das ist natürlich nicht Nichtstun, ich weiß. Aber es entspannt mich. Nur in Schottland, wo wir mehrere Monate im Jahr verbringen, komme ich dem Nichtstun etwas näher. Wir sitzen dann auf unserem Fleckchen Erde und schauen auf die Hügel. Dort kann ich wirklich entspannen.

...Kleidung

Ich bin nicht einmal gern angezogen. Ich mag schöne Kleider, und ich ziehe mich natürlich ordentlich an, wenn ich zu einem Interview gehe, so wie jetzt. Aber wenn ich ganz mir überlassen bin, mir und meinem eigentlichen, meinem natürlichen Selbst, dann würde ich nichts anziehen.

...ihre mangelnde natürlich Anmut

Ich weiß genau, dass ich dieses gewisse Etwas nicht habe. Ich kann sehr unterschiedlich aussehen. Wenn ich gut aussehen möchte, muss ich mich anstrengen. Ich bin darüber nicht glücklich. Es macht mir aber auch nicht allzu sehr zu schaffen. Mein Mann Greg ist dafür übrigens sehr schön, er sieht einfach immer fabelhaft aus. Meine Mutter findet sogar, dass er, wenn er sich Mühe gibt, aussieht, als hätte er es ganz schön übertrieben.

...ergebene Männer

Jetzt bin ich mit einem Mann verheiratet, der ergeben ist, und ich schätze das wirklich sehr. Ich mag Männer, die liebenswürdig sind. Männer, die die Frauen lieben - also die Frauen, mit denen sie verheiratet sind. Ich respektiere auch Männer, die alle Frauen lieben und sagen: Ich könnte keiner Frau treu sein. Was ich nicht respektiere, sind Männer, die ihren Frauen untreu sind. Und natürlich umgekehrt. Wenn Menschen einander betrügen, ist das unfair und grausam.

Das vollständige Interview lesen Sie in der SZ am Wochenende vom 27.3.2010.

© SZ vom 27.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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