Hannes-Jaenicke-Doku im ZDF:Der mit den Eisbären tanzt

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Irgendwo zwischen Greenpeace und Attac - als einsamer Aktivist renoviert Hannes Jaenicke im ZDF den Tierfilm.

Claudia Tieschky

Eigentlich geht es an diesem Dienstag im ZDF um den bedrohten Lebensraum der Eisbären, aber ZDF und Sat 1 schenken sich auch nichts. Denn um 20.15 Uhr konkurriert Hannes Jaenicke "Im Einsatz für Eisbären" (ZDF) vor allem mit Hannes Jaenicke in der bei Sat 1 ausgestrahlten Komödie "Allein unter Schülern". Die Doppelprogrammierung wirkt auch deshalb so überdreht, weil Jaenicke, 49, sonst nicht zu den Schauspielern gehört, die sich inflationär im Fernsehen verbreiten.

Der umweltengagierte Schauspieler Hannes Jaenicke entwickelt das beliebte Tierfilm-Genre weiter. (Foto: Foto: dpa)

"Die ganze Nummer stinkt zum Himmel"

In der sehr fleischhaltigen Forensiker-Serie Post Mortem (RTL) war Jaenicke 2007 als Ermittler zu sehen, als ZDF-Umweltagent ist er auch nicht niedlich. In der "Doku-Crime"-Reihe wirkt der Schauspieler als reisender Rechercheur globaler Frevel und einsamer Aktivist. Klassische Männerrolle, irgendwo zwischen Greenpeace und Attac, bewaffnet mit der versteckten Kamera. Er sagt mit gepresster Stimme Sätze wie: "Die ganze Nummer stinkt zum Himmel." Und wenn im eisigen Churchill/Kanada dicke Touristen mit Lunchpaketen in abgasstarke Monsterautos steigen, um die letzten Eisbären zu besichtigen, dann möchte man ihnen fast raten, dem Mann aus Deutschland nicht zu nahe zu kommen.

"Auch ich bin hier in die Kälte hineingeplatzt und damit nicht besser als die anderen", sagt dieser Mann. "Das wahre Problem sind Sie und ich". Und: "Hier geht's um was. Es geht um unser Zuhause."

Hannes Jaenicke - Im Einsatz für... ist gewissermaßen die kreative Weiterentwicklung des beliebten Tierfilm-Genres mit einer neuen Zornigkeit. Diese Gefühlsfarbe vor allem ist bemerkenswert. Existenzielle Emotionslagen sind ja auch der Kern im guten neuen Serien-TV. So gesehen wählt die ZDF-Reihe ein fernsehmodisches Stilmittel. Es macht die Umwelt-Botschaft subjektiver und härter als in üblicher öffentlich-rechtlicher Ware.

Vielleicht gerade deshalb bekam die neue Episode jetzt den besten Doku-Platz des ZDF zur Primetime am Dienstag. Nach der Pilotfolge über Orang-Utans, die im August 2008 während der Sommerpause von Johannes B. Kerner auf dessen Sendeplatz lief, ist man in Mainz aufmerksam mit dem Format umgegangen: Die Zuschauerzahlen stiegen damals während der Sendung steil an und lagen im Schnitt bei 10,5 Prozent. Vorgesehen sind weitere Folgen über Haie sowie (2010) über Gorillas und Meeressäuger.

Ein wahrhaft überzeugter Öko

Jaenicke hat die Reihe mit den Münchnern Judith Adlhoch, 42, und Markus Strobel, 42, entwickelt, produziert und vorfinanziert. Der umweltengagierte Schauspieler war begeistert gewesen vom Reisebericht "Die Letzten ihrer Art" des Schriftstellers Douglas Adams. "Er ist ein wahrhaft überzeugter Öko, ihm sind diese Filme ein echtes Anliegen", sagt Judith Adlhoch über Jaenicke. "Wenn man einen Tag lang mit ihm gedreht hat, ist man am Abend richtig vorsichtig, ob man auch den Müll richtig trennt und keine belasteten Lebensmittel isst." Als Folge der Zusammenarbeit besitzt Adlhoch jetzt ein Wäschegestell, das sie davon abhalten soll, den elektrischen Trockner zu benutzen.

Adlhoch und Strobel gründeten 1992 ihre Produktionsfirma Tango Film, nachdem sie sich, wenn man das recht versteht, bei Dreharbeiten in der Karibik ineinander verliebt hatten, wo sie mit der ungedeckten Kreditkarte eines Auftraggebers festsaßen und von da an "alles nur noch zusammen machen wollten". Adlhoch hatte beim Sender TV Weiß-Blau (heute TV München) volontiert, Strobel war Kameramann.

Sie gingen auf ihre erste große Drehreise nach Mexiko und New Mexiko, filmten neben dem Auftragsjob, was sie sahen, und boten es Sendern an; der Weltspiegel brachte ihren Uranlager-Beitrag "Strahlende Opfer". In der Folge arbeiteten sie vorwiegend reisend für das Privat-TV, viel für Voxtours, die Adlhoch moderierte, und Galileo (Pro Sieben). Sie wurden Eltern, reisten weniger, finden jetzt, dass sie mit Im Einsatz für... und der unterhaltsamen Wissensvermittlung bei Galileo "ein Profil haben, mit dem wir uns wohlfühlen".

Adlhoch sagt es so: "Die Umweltthematik verlangt sehr saubere Recherche, wenn man sich so intensiv damit auseinandersetzt, drückt das schon aufs Gemüt. Dann ist es einfach super, wieder mal eine riesige Wasserbombe bei Galileo platzen zu lassen." Sie versuchen, mit Jaenicke pur und direkt zu arbeiten, das heißt, die Kamera hält einfach drauf, sie können das miteinander schon lange und das funktioniere auch mit Jaenicke: "Er kann gut spontan in die Kamera sprechen; er interviewt Leute, findet Dinge heraus, fasst zusammen und kommentiert sie auf seine eigene Art."

Auf Hawaii sind sie alle drei zwischen Haien getaucht, mit Experten, die ihnen erklärten, wie man sich verhalten muss. Beim Zusehen stockt einem der Atem. Der Hai, sagt Adlhoch, "hat ein enormes Imageproblem". Auch hier hilft Jaenicke: Im November wollen sie einen Film über Haie zeigen, der ohne eine einzige Killerattacke auskommt.

Hannes Jaenicke: Im Einsatz für Eisbären, ZDF, 20.15 Uhr.

© SZ vom 08.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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