Guggenheim-Projekt in Berlin abgesagt:Aus für das Lab

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Aufgrund von Gewaltandrohungen stellt das New Yorker Guggenheim-Museum ein Forschungsprojekt in Kreuzberg ein. Erneut ist die Debatte um Gentrifizierung entfacht. Berlins Politiker sind empört, die Veranstalter enttäuscht. Wie es mit dem Projekt weitergeht, ist unklar.

Carolin Gasteiger

Für die Berliner Kultur ist es ein herber Schlag, für die linken Gegner des Guggenheim-Projekts ein Erfolg. Aus Sorge vor Gewalt haben die Veranstalter das "BMW Guggenheim Lab" in Berlin-Kreuzberg abgesagt.

Auf dem Kreuzberger Areal an der Ecke Cuvrystraße/Schlesische Straße sollte das "BMW Guggenheim Lab" entstehen. (Foto: dpa)

"Wir befürworten eine lebhafte Diskussionskultur, können aber das Risiko gewalttätiger Übergriffe nicht eingehen, wie sie von einer kleinen Minderheit angedroht wurden", teilte das New Yorker Museum mit. Die Guggenheim-Stiftung bedauere, diesen Entschluss treffen zu müssen.

Am Kreuzberger Spreeufer wollte das "BMW Guggenheim Lab" von Mai bis Juli zu Veranstaltungen über das Leben in Großstädten einladen und mit internationalen Künstlern und Wissenschaftlern eine "urbane Ideenschmiede sowie eine multidisziplinäre Begegnungsstätte" schaffen, wie das Unternehmen das Projekt im Vorfeld ankündigte. Schon seit längerem widmet sich das Guggenheim Museum der Thematik Stadt in all seinen Facetten und den sogenannten "Urban Studies".

Am Thema Gentrifizierung - dem sozioökonomischen Wandel ehemals preisgünstiger Quartiere in teure Stadtviertel - führt dabei kaum ein Weg vorbei. Denn das Brachareal, auf dem das Guggenheim Lab liegen sollte, befindet sich in der Mediaspree, einem Gebiet, das ursprünglich Kommunikations- und Medienunternehmen anlocken sollte. Das Konzept rief jedoch in der linken Szene Berlins den Anti-Yuppie-Zorn hervor. Die Lab-Gegner fürchten "eine weitere Aufwertung und eine Beschleunigung der ohnehin schon rasanten Mietsteigerungs- und Verdrängungsspirale", ist in einem Internetaufruf zu lesen. Man wolle das Projekt "verhindern". Die Berliner Polizei rechnet dabei eher mit Sachbeschädigung und lautstarken Protesten als mit Gewalt gegen Menschen. Die Proteste der Anwohner haben die Veranstalter jedoch im Auge: Streitbare, kontroverse Themen wolle man in dem geplanten Lab durchaus führen, räumte BMW-Sprecher Thomas Girst gegenüber Sz.de ein. Allein, an den Gewaltandrohungen ändert das nichts.

Ob es sich bei den Aufrührern um wenige einzelne Linksautonome oder ein Gros an Anwohnern der Mediaspree handelt, ist unklar. Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit bedauert jedenfalls sehr, "dass unsachgemäße Kritik und Versuche der Einschüchterung durch plumpe Drohungen dazu geführt haben, dass die Veranstalter den bislang geplanten Standort in Kreuzberg nicht mehr weiter verfolgen.".

"Es ist besorgniserregend, wenn einige entscheiden wollen, wer in den Kiez gehört und wer nicht", sagte Innensenator Frank Henkel der Nachrichtenagentur dpa. "Gegen Kritik ist nichts einzuwenden, aber Einschüchterungsversuche sind nicht hinnehmbar. Sie sind mit einer liberalen und toleranten Metropole unvereinbar." Der Tagesspiegel zitiert Henkel sogar mit den Worten: "Diese Chaoten sind ein Standortrisiko für Berlin." Antje Kapek, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, erklärte: "Ein Projekt, das auf gesellschaftlichen Dialog setzt, darf nicht in solch einer Form bedroht und verdrängt werden."

Erst im Februar hatte die Deutsche Bank verkündet, dass die Guggenheim-Dependance Unter den Linden geschlossen wird, ein Rückschlag für den Berliner Kulturbetrieb. Ob und wohin die Veranstalter nun das Lab-Projekt in der Hauptstadt verlegen können, ist noch offen. "Was in Berlin passiert, gilt es noch abzuwarten", so Girst. Gekippt sei das Projekt jedenfalls nicht. Das Forschungslabor war zuvor in New York und sollte Anfang Dezember nach Mumbai in Indien ziehen.

Mit Material von dpa

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