Fotografie:Albert Renger-Patzsch

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(Foto: Albert Renger-Patzsch / Archiv Ann und Jürgen Wilde / VG Bild-Kunst, Bonn 2017)

Berühmt wurde er für seine Industriefotografien. In München sind jetzt aber ganz andere Bilder zu sehen, nämlich 83 Mal Ruhrgebiet.

Von Johan Schloemann

Das Bild hier unten rechts ist schon fast zu schön. Wir sind im Jahr 1929, ein Mann fährt alleine mit seinem Auto von Auftrag zu

Auftrag zwischen verschiedenen Firmen hin und her. Zwischendurch steigt er aus dem Wagen und holt die Kamera heraus. Es sieht alles ziemlich gottverlassen aus in der Gegend, obwohl zwischen Dörfern und Städtchen, Bauernhöfen, Wäldern und Wiesen gigantische Industrieanlagen und Arbeitersiedlungen gewachsen sind und immer weiter wachsen, deren gnadenlose Infrastruktur die alte Landschaft ganz neu zer- und zuschneidet.

Zu schön nun ist dieses Bild insofern, als der Fotograf es gar nicht auf Schönheit angelegt hat. Er heißt Albert Renger-Patzsch (1897 - 1966) und ist einer der Helden der Neuen Sachlichkeit. Das heißt: Wenn zufällig mal kahle Bäume und Schornsteine miteinander Natur- und Industrieballett tanzen, so wie in der "Winterlandschaft mit Zeche ,Pluto' in Wanne-Eickel", wenn zufällig mal Poesie entsteht, dann soll es eben so sein. Und wenn nicht, dann nicht.

Die schroffen Brüche zwischen Landschaft und Landnahme muss man hier, im Ruhrgebiet, nicht dramatisch inszenieren, sie sind einfach überall da. Man braucht zwar sicher einen guten Blick für die Komposition der verschiedenen Elemente, und dieser Fotograf ist mit einem solchen Blick weiß Gott gesegnet; aber mehr will er auch nicht hinzutun, als nüchterner Beobachter, er schafft keine Idyllen, aber auch keine sozialen Momentaufnahmen. Oft ist es neblig und diesig, fahl und qualmig in den Ruhrgebietslandschaften, die Renger-Patzsch vor allem Ende der Zwanziger- bis Mitte der Dreißigerjahre festhielt, wie in Träumen, aus denen mechanische Riesen auftauchen. Dadurch darf man sich aber nicht über das äußerst präzise Handwerk und die Klarheit täuschen lassen, mit der er Außenaufnahmen ebenso anging wie seine Nahaufnahmen von Objekten, für die er mindestens so bekannt wurde.

Bis Mitte April noch sind 83 der Ruhrgebiets-Fotografien aus der Sammlung Ann und Jürgen Wilde in der Pinakothek der Moderne in München zu sehen. Parallel dazu läuft das Social-Media-Projekt #StadtLandBild auf Instagram, inzwischen angefüllt mit unzähligen neuen Fotos von Stadt- und Industrielandschaften, die von Albert Renger-Patzsch inspiriert sind.

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