Filmtitel "Dating Queen":Deutsches Publikum für dumm verkauft

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Mehr als nur Dating: Amy Schumer und Bill Hader in "Trainwreck", wie der Film im Original heißt. (Foto: Universal)

"Trainwreck", also "Totalausfall" heißt der Film von US-Komikerin Amy Schumer im Original. In Deutschland kommt er als "Dating Queen" in die Kinos. Was soll das?

Von Carolin Gasteiger

Cineasten schäumen vor Wut. Endlich kommt Amy Schumers viel gelobtes Filmdebüt "Trainwreck" auch hierzulande in die Kinos. Doch auf Deutsch heißt das Werk der amerikanischen Komikerin allen Ernstes "Dating Queen". Das klingt nach harmlosen Flirts in einer leicht verdaulichen Sommerromanze, nach verunglückten Speed-Dating-Versuchen oder vielleicht sogar nach einer Art Vorzeigekupplerin, die sich zur Parship-Agentur-Magnatin emporarbeitet.

Eigentlich handelt Amy Schumers Film von einer Frau, die am Ende ist. Ein "Totalausfall", wie der Titel sagt. In vielerlei Hinsicht, dazu gehören auch ihre Männerbeziehungen. Aber nicht nur. Es geht um das Ironisieren von Sexismus, von Geschlechterklischees, die in "Trainwreck" auf den Kopf gestellt werden. All das spart der deutsche Titel "Dating Queen" aus. Warum? Wollen uns die Verleiher für dumm verkaufen?

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Das leidige Übersetzen und Ändern von Originaltiteln sorgt in der Filmbranche immer wieder für Unmut. Verantwortet wird es von den einzelnen Verleihern, und das oft ohne Rücksprache mit den Machern. Nehmen wir beispielsweise "The good, the bad and the ugly", im italienischen Original "Il buono, il brutto, il cattivo". Wenn es schon um den Guten, den Bösen und den Hässlichen geht, sollte man sie doch zumindest auch alle drei erwähnen. Im Deutschen heißt Sergio Leones Klassiker dagegen einfach "Zwei glorreiche Halunken". Ja, und der Dritte?

Auch Titelzusätze helfen oft nur wenig. Dass der Disneyfilm "Brave" in "Merida - Legende der Highlands" umgetextet wurde, lässt sich noch nachvollziehen. Schließlich ist die Hauptfigur alles andere als "brav", deutsche Kinder würden den Originaltitel aber vermutlich so aussprechen. Aber was der Zusatz "Silver Linings - wenn du mir, dann ich dir" Erhellendes bringen soll, ist schon schwieriger zu entschlüsseln. Der Claim stammt von der Agentur Namestorm, die sich unter anderem passende Titel oder entsprechende Slogans für fremdsprachige Filme überlegt. Mark Leiblein, Inhaber der Agentur, erzählt, sein Auftraggeber hatte den Eindruck, die Zuschauer könnten sich unter "Silver Linings" zu wenig vorstellen. Darum der Wunsch nach dem Zusatz.

Das könnte Leiblein zufolge auch bei "Trainwreck" der Fall sein. Verleiher Universal, der für die deutsche Version zuständig ist, war für ein Statement nicht zu erreichen. Zugegeben, der Ausdruck gehört nicht zu den geläufigsten englischen Begriffen. Aber muss man ihn gleich so heruntertrimmen? Sogar Amy Schumer selbst befürchtet, dass aufgrund des deutschen Titels niemand ins Kino geht.

In anderen Ländern halten sich die Verleiher strenger an die Handlung. In Kanada firmiert Amy Schumer als "Hopeless Case", in Frankreich immerhin noch als "Crazy Amy".

Leiblein zufolge nimmt der deutsche Titel dem Film jede Subversivität. "Die Protagonistin ist ja eine Person mit vielen Problemen in einer scheinbar ausweglosen Situation." Verkauft werde mit "Dating Queen" aber eine romantische Komödie - weil die beim Publikum eben besser ankämen. "Die breite Masse des deutschen Kinopublikums würde 'Trainwreck' einfach nicht verstehen", so Leiblein. Abgesehen davon, dass es noch dazu schwer auszusprechen ist. Trotzdem werde der Zuschauer mit dem deutschen Titel komplett unterschätzt, so der Agenturchef.

Das hat schlicht kommerzielle Gründe. In Zeiten, in denen ein Film sich an den Kinokassen in der ersten Woche beweisen muss, steigt der Druck auf die Filmverleiher. Anders als bei Blockbustern wie "Mission Impossible" oder "Terminator" steht hinter "Dating Queen" kein riesiger Marketingapparat. Mit einem knackigen Titel verbinden Verleiher also die Hoffnung, noch mehr Zuschauer anzulocken.

Vielleicht wollte Universal mit der Queen im Titel auch Amy Schumer und ihrer grandiosen Comedy Tribut zollen. Unwahrscheinlich ( auch wenn es für den Spiegel-Kollegen scheinbar funktioniert). "A Disaster Girl" wäre doch auch schön gewesen. Schade. Und jetzt versuchen Sie bitte, zehn Mal hintereinander "Trainwreck" zu sagen - das dürfte selbst den grummeligsten Cineasten aufheitern.

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