"300: Rise of an Empire" im Kino:Eiserne Herrenschlüpfer

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Idealmänner und Männerideale: Sullivan Stapleton als Themistokles mit seinen Kriegern. (Foto: AP)

Eingeölte Griechen im Kampf gegen noch eingeöltere Perser: Mit dem Historienfilm "300: Rise of an Empire", der Fortsetzung von "300", frönt Regisseur Noam Murro dem männlichen Körperkult in Zeitlupe.

Von David Steinitz

Mit dieser Frau kann man nicht diskutieren: Lustvoll enthauptet die Heerführerin Artemisia (Eva Green) , die im Dienste Persien steht, auf ihrem Kriegsschiff einen griechischen Spion. Ein einziger Messerschnitt, dann hält sie seinen Kopf vor den ihren und blickt zufrieden in die toten Feindesaugen - während der Rumpf zu ihren Füßen ausblutet. Wenn ihr gesamtes männliches Heer zu blöd ist, einen einfachen Spitzel zu enttarnen, muss die Chefin eben selber ran.

Diese Artemisia - ihr historisches Vorbild war an der Seeschlacht bei Artemision 480 v. Chr. beteiligt, wo ein riesiges Perser-Heer gegen die zahlenmäßig unterlegenen Griechen zog - ist die größte Neuerung im zweiten Teil der "300"-Saga, nach den Graphic Novels von Frank Miller, die wiederum sehr, sehr frei auf den Überlieferungen des Herodot beruhen.

Der erste "300"-Teil von Zack Snyder, Hollywoods hoffnungslosestem CGI-Süchtling, war 2006 ein Riesenhit. Für Teil zwei hat Snyder das Drehbuch geschrieben und den Film auch koproduziert. Die Regie aber hat er an den israelischen Kinodebütanten Noam Murro abgegeben - was so manchen Kritiker endgültig in den Wahnsinn treiben dürfte. In Iran war bereits der erste Film als antiislamische Hetzpropaganda und Provokation wahrgenommen worden: die guten Griechen siegen über die unzivilisierten Perser, ein vorchristlicher "War on Terror", der auch im zweiten Teil nicht ganz unterschwellig angedeutet wird.

Nervenbelastend lange Zeitlupenszenen

Murro ist ein gelehriger Schüler und bleibt Snyders Erzählstil und vor allem dessen Ästhetik eisern treu. Dazu gehören vor allem zahlreiche Zeitlupenszenen, die nervenbelastend lang sind und die, würde man sie in normaler Geschwindigkeit durchlaufen lassen, den Film vermutlich um die Hälfte verkürzen würden. In Zeitlupe schlagen die Ruder der Kriegsflotte ins aufgewühlte Meer. In Zeitlupe werden die Schwerter gewetzt, bis die Funken sprühen. In Zeitlupe spritzt das animierte Blut aus den abgetrennten Gliedmaßen. In Zeitlupe verrutscht der Träger von Eva Greens antikem BH.

Trotz dieser lüsternen Kriegstreiberin - die letztlich doch nicht einfach nur böse sein darf, sondern traumatische Kindheitserfahrungen verarbeitet und auch noch einen Migrationshintergrund hat - geben in "300" natürlich weiterhin die Männer den Ton an. Und zwar muskulös überzüchtete Gestalten, die einander gewichtig die Hände auf die Schultern legen oder ein Bein auf einen Felsen stellen müssen, bevor sie mit tiefer Stimme zur Kriegsrede ansetzen. Griechen, eingeölt und bärtig, kämpfen gegen Perser, eingeölt und noch bärtiger - was letztere als die Bösen kennzeichnet. Das führt in der sturen Ernsthaftigkeit, mit der hier auf beiden Seiten Idealmänner und Männerideale modelliert werden, während alle Beteiligten nur gusseiserne Herrenschlüpfer tragen, nicht selten zu unfreiwillig schwuler Camp-Ästhetik.

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Damit dieser Männerbund nicht in Gefahr gerät, entschließt sich der Griechen-Anführer Themistokles (Sullivan Stapleton) irgendwann völlig entnervt, Artemisia, die ihn zum Überlaufen überreden will, einfach mal ordentlich durchzuvögeln - damit das Luder im Dienste Persiens endlich Ruhe gibt. Und an dieser Stelle verzichtet Noam Murro dann tatsächlich auf Zeitlupen.

300: Rise of an Empire , USA 2013 - Regie: Noam Murro. Buch: Zack Snyder, Kurt Johnstad. Kamera: Simon Duggan. Mit: Eva Green, Sullivan Stapleton, Rodrigo Santoro, Lena Headey , Hans Matheson . Verleih: Warner, 102 Minuten.

© SZ vom 11.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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