Sprachlabor:Seit oder seitdem?

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Diesmal beschäftigen Hermann Unterstöger die allgegenwärtigen Pleonasmen, falsche Metaphern aus der Wissenschaft und die Streitfrage: seit oder seitdem?

Von Hermann Unterstöger

BEI DER STREITFRAGE, ob die Konjunktionen seit und seitdem gleichberechtigt zu verwenden sind, ziehen wir Bayern uns gern auf den Dialekt zurück, der uns die Freiheit gibt, auf seitdem dass auszuweichen: "Seitdem dass i nimma in Minga wohn ..." Ähnlich sprach, in Luthers Übersetzung, Mose zum Herrn: "Denn sint dem / das ich hin ein bin gangen zu Pharao / mit jm zu reden in deinem Namen ..." Leserin F., und nicht nur sie, hält daran fest, dass es zwischen seit und seitdem - als Konjunktionen - sehr wohl einen Unterschied gibt, einen Unterschied, wie er bei deren präpositionaler Verwendung nie angezweifelt wird: "Seit gestern raucht er wieder" ist in Ordnung, jedenfalls grammatisch, "seitdem gestern" hingegen nicht. Lehrbücher verschleiern den Unterschied, indem sie die Konjunktion in der Form seit(dem) anbieten. Um der Schönheit willen sollte man das aber auseinanderhalten: "Seit er wieder raucht - seitdem kommt man mit dem Lüften kaum mehr nach."

HIER SPRICHT DER LESER, und zwar unser Leser G.: "Ein gar nicht so kleines Detail des (auch in der SZ nicht immer vermiedenen) allgegenwärtigen Sprachmülls sind zweifellos Pleonasmen. Um einen ersten Vorgeschmack zu bekommen, empfiehlt sich ein Blick auf den Sportreportersprech, wo mein absoluter Top-Favorit (sogar ein ,Doppelpack') der lupenreine Hattrick wäre. Ich will das Ganze nicht weiter eskalieren, es hat sicher auch nicht höchste Priorität im Leben; aber das Sprachlabor ist halt eine sichere Bank, auch wenn ich es nicht in der eigenen (wahlweise selbst in der) Hand habe, ob sich jemand drum schert ..."

METAPHERN aus der Naturwissenschaft haben es in sich. Von Trumps Überzeugungen hieß es bei uns, ihre Halbwertszeit währe "genau bis zur nächsten". Gemeint war, so Leser R., deren Lebensdauer. Hätten Trumps Überzeugungen eine echte Halbwertszeit, wären womöglich in Jahrmillionen immer noch Reste davon virulent.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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