Sprachlabor:Schlag nach bei ...

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Den "Pranger" kennen wir, und was dort geschah, wissen wir ebenfalls. Was aber meint das Wort "anprangern". Hermann Unterstöger klärt auf.

Von Hermann Unterstöger

IMMER WIEDER ein Thema: die Mund-zu-Mund-Propaganda. Heute ist es unser Leser Dr. Sch., der sich nicht vorstellen kann, "wie diese Art der Informationsweitergabe funktionieren soll". Nun, sie funktioniert nach alter Weise so, dass die Information von Mund zu Ohr weitergereicht wird. Die Redewendung "von Mund zu Mund" nennt der Prägnanz halber aber nur den Hauptakteur, den Mund. In Schillers "Ibykus"-Ballade heißt es: "Und, wie im Meere Well auf Well, / So läuft's von Mund zu Munde schnell", und bei Karl Kraus lesen wir: ". . . so gingen denn in ganz Österreich Gerüchte von Mund zu Mund, die nichts Geringeres besagen wollten, als dass in Wien Gerüchte verbreitet seien, es seien in ganz Österreich Gerüchte verbreitet."

DEN PRANGER kennen wir, und was dort geschah, wissen wir ebenfalls. Was aber meint das Wort anprangern? Leser G. kritisiert unsere Überschrift "Netanjahu prangert UN an", und zwar mit dem Argument, dass man Fehler und Zustände - Missstände in aller Regel - anprangern könne, nicht jedoch Organisationen oder Personen. Aufs Ganze gesehen läuft es wohl darauf hinaus. Das Verb findet sich bei Grimm nicht, dafür prangern im Sinn von an den Pranger stellen, ein Wort, das laut Pauls Wörterbuch im 19. Jahrhundert durch anprangern ersetzt wurde. Bei Ernst Moritz Arndt wird es durchaus personenbezogen verwendet: "Aber doch, wenn es nicht die allerhöchsten Dinge gilt, wer möchte sich freiwillig schänden und anprangern lassen?"

ETWAS ERDKUNDE GEFÄLLIG? Zu den "Manufakturen aus dem ehemaligen Osten" merkt Leser R. an, dass die Erde sich wie bisher drehe, dass also Meißen, Bautzen und Halle weiterhin im Osten lägen. Als Oberhesse hört es Leser H. mit Missvergnügen, dass ein Gremium "Hessen gern abschaffen" würde. Doch ist er konziliant: "Gegen eine Abschaffung von - sagen wir mal - Wisconsin oder Belutschistan hätte ich wenig einzuwenden."

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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