Sprachlabor:Jetzt wird's martialisch

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Was Lesern nicht alles auffällt! Zum Beispiel: "Dann zückte sie ein Küchenmesser aus ihrem Ärmel". Was soll daran falsch sein, werden Sie nun fragen. Nun, Sie werden sehen.

Von Hermann Unterstöger

SCHON ZWEIMAL ist Leser W. mit einer Sache vorstellig geworden, die verzwickter ist, als sie zu sein scheint. Sein Anliegen: Formulierungen wie jemand anderes oder jemand Berühmtes sollten unterbleiben, da sie falsch seien; richtig sei jemand anderer / jemand Berühmter. Nun spricht in der Tat nichts dagegen, sich des Maskulinums zu bedienen und bei der Beugung konventionell zu verfahren: jemand Berühmter, mit jemand Berühmtem. Falsch ist das Neutrum des substantivierten Adjektivs deshalb aber noch lang nicht. Es handelt sich nämlich gar nicht um ein Neutrum, sondern um einen im Althochdeutschen gängigen partitiven Genitiv: al guotes , filu liebes und vergleichbare Fügungen. Muss man das wissen? Wohl kaum. Schon 1837 schrieb Karl Ferdinand Becker in seiner Grammatik: "Diese Ausdrücke werden jetzt meistens nicht mehr recht verstanden, indem man sie als Apposition auffaßt . . ."

AUF EIN MASSAKER macht sich Leser S. gefasst. Er fand bei uns folgende Neuigkeit aus der Schulbürokratie: "800 junge Gymnasiallehrer beenden in dieser Woche ihr Referendariat. 75 sollen eine Beamtenstelle an den 300 staatlichen Gymnasien bekommen . . ." Für Herrn S. läuft das geradewegs auf eine Vierteilung der 75 Junglehrer hinaus, eine Vorstellung, die ihn umso übler quält, als er einst Seminarrektor war.

UM KURZ BEI DEN MARTIALISCHEN SUJETS zu bleiben, so sei zusammen mit unserem Leser Sch. beobachtet, was eine junge Salafistin tat, nachdem sie der Polizei ihren Ausweis ausgehändigt hatte: ". . . dann zückte sie ein Küchenmesser mit sechs Zentimeter langer Klinge aus ihrem Ärmel." Hier ist in der Abfolge der Einzelschritte etwas durcheinandergeraten. Zücken steht für eine Bewegung, die mit der vorher gezogenen Waffe ausgeführt wird, eine Bewegung notabene in die Richtung des beabsichtigten Stoßes oder Hiebes, wie im Grimmschen Wörterbuch ebenso sach- wie wortkundig erläutert wird.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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