Sprachlabor:Erfreuliche Verschmelzung

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Immer häufiger wird die Redensart "sich einen Kopf machen" benutzt, was eine Leserin moniert. Dabei ist das eine Wendung mit Charme.

Von Hermann Unterstöger

IN SÄURE AUFLÖSEN! Man kennt diese Methode aus Mafiafilmen, und so wurde das Labor denn auch hellwach, als Leserin W. danach verlangte: Wir sollten die Redewendung "sich einen (keinen) Kopf machen" auf diesem Weg verschwinden lassen. Grund der Bitte: die Verhunzung der deutschen Sprache. Das Verständnis, das Frau W. bei uns für die Aktion voraussetzt, ist indes beim besten Willen nicht aufzubringen. Zum einen liegt das daran, dass sich um den Kopf bereits 850 Redensarten ranken, es den Kopf also ehrt, wenn er auch in dieser Hinsicht noch produktiv ist. Zum anderen hat die Wendung ja ihren Charme. Man kann sie als Verschmelzung von "sich den Kopf (nicht) zerbrechen" und "sich (keine) Gedanken machen" deuten, eine insofern erfreuliche Verschmelzung, als kein Unfug nach Art von "Eigener Herd ist aller Laster Anfang" dabei herausgekommen ist.

WENN LESER K. FRAGT, was das Sprachlabor zu dem von ihm aufgeworfenen Problem sage, ist klar, dass nur die ihm längst bekannte Antwort folgen kann. Herrn K. geht es um diesen Satz: ",Das ist Betrug', sagte er, die Parlamentsleitung habe die Abstimmung nicht auf dessen Agenda angekündigt." Das Demonstrativpronomen dessen, das hier offensichtlich das Possessivpronomen sein ersetzt, hat nichts, woran es sich klammern könnte, und auch sein wäre verloren, da es sich auf den Sprecher bezöge, der aber ebenso offensichtlich nicht Herr der Agenda ist. Die Agenda ist entweder Sache der Parlamentsleitung oder des Parlaments. Im ersten Fall hätte es auf ihrer Agenda heißen müssen, im zweiten hätte man dessen beibehalten können, die P arlamentsleitung jedoch in die Leitung des Parlaments aufspalten müssen.

"DA QUIETSCHT DAS OHR", schreibt Leser Dr. W. Ursache waren Symptome, die "unterhalb die Diagnoseschwelle" sinken. Bei Erwägung dessen, ob hier von Richtung oder Ort die Rede ist, wäre unser Autor oberhalb der Fehlerschwelle geblieben.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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