Sprachlabor:Drittmeister ist auch was

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Was hat der alte Witz vom Autorennen zwischen John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow mit Fußball zu tun? Hermann Unterstöger klärt auf.

Von Hermann Unterstöger

NICHT MEHR PRODUKTIV: Wer das in der Arbeitswelt zu hören bekommt, sollte sich schon mal warm anziehen. Sagt man das Gleiche von der Klasse der ablautenden Verben, so ist es kein abfälliges Urteil, sondern eine sprachwissenschaftliche Diagnose. Das heißt nicht, dass die noch existenten Exemplare gering zu achten wären, und aus diesem Grund ist unserem Leser Sch. wärmstens zuzustimmen, wenn er die Formulierung kritisiert, dass "das Ringen um die herrische Männlichkeit abschwellt": Es schwillt ab oder sollte dies jedenfalls tun. Eine heitere Ergänzung dazu liefert Leser K., und zwar aus Anlass des bei uns (unter Rückgriff auf Gerhard Henschel) ausgesprochenen Verbots, den Satz "In der Ferne bellte ein Hund" zu schreiben. Herr K. erinnert an Jean Pauls Schilderung eines dahinrasselnden Wagens, unter dessen Hinterrädern ein Hund "boll". Es ist anzunehmen, dass beides, das Rasseln wie das Bellen, irgendwann abschwoll, so wie ja auch der Tag kommt, an dem das Ringen um die herrische Männlichkeit endgültig abgeschwollen sein wird.

STATISTIK gilt bei Fußballern fast so viel wie das Spiel, weswegen man weiß, dass die meisten gelben Karten Stefan Effenberg bekam, nämlich 110. Nach ihm stehen auf der Liste David Jarolím (96) und Bernd Hollerbach (93). Bei uns trug Hollerbach dies das Prädikat ein, dass er "die drittmeisten gelben Karten" gesehen habe, eine Einstufung, die Leser S. für verwegen hält, da der Superlativ meist sich nicht steigern lasse. Indes, handelt es sich hier wirklich um eine Steigerung, oder haben wir es mit einer Feinabstimmung unter der Menge der meisten zu tun? Wird ein Sportler Drittbester, stößt sich - sprachlich jedenfalls - niemand daran, und wer als Zweitletzter ins Ziel geht, kann ebenfalls mit Respekt rechnen. Dazu der alte Joke vom Autorennen zwischen Kennedy und Chruschtschow, das die Iswestija so resümiert: "Nikita Sergejewitsch belegte einen hervorragenden zweiten Platz. Kennedy wurde Vorletzter."

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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