Sprachlabor:Die edlere Wahl

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Akkusativ oder Dativ? In manchen Fragen von Lage und Richtung - wie "im" oder "ins" Baltikum einmarschieren - ist laut Duden beides möglich. Aber eine Alternative ist feiner. Auch die Präposition "mit" hat es faustdick hinter den Ohren. Hermann Unterstöger klärt auf.

Von Hermann Unterstöger

VOR BALD DREI JAHREN hatten wir den Fall des Räubers Korte, der vor den Häschern "unter dem umfangreichen Rock seiner Frau" geflüchtet war und damit die Frage aufgeworfen hatte, ob der Rock Ort oder Ziel seiner Flucht war. Leser F. hat das im Gedächtnis und befeuert die alte Problematik mit Beispielen wie diesen: Er will einen entsprechenden Absatz im Grundgesetz einfügen; Höwedes wollte die Verantwortung dafür aber auf vielen Schultern verteilt wissen; Rational gesehen wäre es sinnlos für Moskau, im Baltikum einzumarschieren; Adressen im System eintippen; auf dem Holz der Maulbeerfeige gemalt. Was ist richtig, Dativ oder Akkusativ? Mehr oder minder passt auf jeden dieser Fälle, was in der Duden-Grammatik so gesagt wird: "Überall dort, wo sich die Sprachgemeinschaft nicht überwiegend für Lage oder Richtung entschieden hat, müssen deshalb beide Kasus zugelassen werden", wobei der Akkusativ die edlere Wahl sein dürfte. Da F. seine Ratlosigkeit mit Schillers Satz "Auf dieser Bank von Stein will ich mich setzen" (Wilhelm Tell) illustriert, sei ihm zur Entspannung diese scherzhafte Abwandlung mitgegeben: "Auf diese(r) Frau von Stein will ich mich setzen."

AUCH DIE PRÄPOSITION "MIT" hat es faustdick hinter den Ohren. Von einer Volksmusikerin hieß es, sie sei einst ungern ins Bett gegangen, wenn ihr Vater die Biermösl-Blosn eingeladen hatte. Der Zwischentitel formulierte das so: "Als Kind heulte sie, wenn sie bei Hauskonzerten mit der Biermösl-Blosn ins Bett musste." Für Leser Dr. E. klingt das leicht anrüchig. Mag sein. Andererseits herrschte immer viel Freude, wenn die Brüder Well zum Abschluss sangen: "Schlafen gân ist wohlgetan, schön Jungfrau, wollt ihr mit uns gân?"

SCHLIESSLICH NOCH das Reflexivpronomen: "Die Partei wollte Merkel an der Spitze, obwohl sie mit ihrer Flüchtlingspolitik kreuzunglücklich ist." Wer da mit wessen Politik hadert, fragt Leser B. ihn, d. h. sich.

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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