Betrug bei Abschlussprüfung:Vater im Schulamt? Nützt nichts

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Ein Schulamtsmitarbeiter soll seiner Tochter die Aufgaben für ihre Prüfung besorgt haben. Er selbst nennt die Vorwürfe "ungeheuerlich" - und ließ das Gericht entscheiden.

Kein Schummeln nachzuweisen: Ein Mitarbeiter des Staatlichen Schulamts in Fulda ist von dem Vorwurf freigesprochen worden, seiner Tochter Aufgaben und Lösungen für die mittlere Reife verraten zu haben.

Beinahe originalgetreu stimmte die Abschlussprüfung einer Schülerin mit der Lösungsvorlage der Lehrer überein. Deswegen steht jetzt ihr Vater, ein Schulamtsmitarbeiter, unter Verdacht. (Foto: dpa)

Der Richter sagte vor dem Amtsgericht, der 62-Jährige habe mit seinem Generalschlüssel zwar Zugang zu dem Stahlschrank mit den versiegelten Aufgaben gehabt. Der Umschlag für das Fach Mathematik sei aber unversehrt gewesen. Die Prüfungsunterlagen für die Fächer Deutsch und Englisch seien bereits zusammengeheftet gewesen - hätte jemand davon Kopien gemacht, hätte dies auffallen müssen. Zwei Angestellte des Schulamts, die die Unterlagen bearbeitet haben, hätten aber nichts bemerkt.

Der Verdacht auf Verletzung des Dienstgeheimnisses sei zwar nicht ausgeräumt, sagte der Richter, aber er habe Zweifel, ob es tatsächlich der 62-Jährige war, der die Aufgaben an das Mädchen weitergeleitet habe. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten ebenfalls auf Freispruch plädiert. Der Angeklagte hatte die Vorwürfe wärhend des Prozesses vehement bestritten und als "ungeheuerlich" bezeichnet.

Das Kultusministerium wollte den Angeklagten nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Mai 2009 von Fulda nach Kassel versetzen. Seitdem ist der 62- Jährige krankgeschrieben. Ein Disziplinarverfahren vor dem Verwaltungsgericht Kassel ist noch nicht abgeschlossen.

Der Betrugsverdacht kam auf, weil der Lehrer der Zehntklässlerin bemerkt hatte, dass sie in ihren Klausuren in Deutsch, Englisch und Mathematik nahezu wortwörtlich die Formulierungen der amtlichen Lösungshinweise verwendet hatte. Die schriftlichen Prüfungsantworten der damals 16-jährigen Schülerin hätten sich zu 98 bis 99 Prozent mit den entsprechenden Passagen in den nur für die Lehrer bestimmten Test-Handreichungen gedeckt, sagte der Leiter des Schulamts als Zeuge. Die Gleichheit sei "frappierend" gewesen.

Lehrer der betroffenen Realschule bestätigten vor Gericht seine Einschätzungen. Der Grad der Übereinstimmungen bei Inhalten und Textpassagen in den Antworten sei nur durch Täuschung zu erreichen.

Einem Gutachten zufolge hatte das durchschnittlich begabte Mädchen alle Aufgaben problemlos gelöst. Der Schulrektor erklärte als Zeuge vor Gericht, er habe die drei Arbeiten mit der Note 6 bewertet. Da in die Abschlussnote auch die Ergebnisse aus dem letzten Halbjahreszeugnis einflossen, habe die Schülerin den Realschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von 2,8 bestanden.

© sueddeutsche.de/dapd/dpa/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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