Uni-Dozent mit 18 Jahren:"Ich mag den Begriff Wunderkind nicht"

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Mit gerade einmal 18 Jahren ist Marian Kogler Deutschlands jüngster Uni-Dozent. Seine Hochbegabung empfindet er als Segen - auch wenn sie ihm nicht immer von Nutzen ist.

Markus Peters

Marian Kogler, 18, ist der wohl jüngste Uni-Dozent Deutschlands. Der Österreicher übersprang mehrere Schulklassen und schloss dann mit 16 Jahren sein erstes Hochschulstudium ab - Rekord in seinem Land. Seit April ist er nun wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Martin-Luther-Universität Halle. Er promoviert über theoretische Informatik.

Marian Kogler, 18, hat einen Intelligenzquotienten von mindestens 150. (Foto: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Maike Glöckner)

SZ: Mit zweieinhalb Jahren konnten Sie lesen, mit drei schreiben. Sie sind ja ein richtiges Wunderkind.

Marian Kogler: Ich mag den Begriff nicht besonders. Zum einen bin ich kein Kind mehr. Und zum anderen ist meine Begabung ja nichts Unerklärliches, nichts Übernatürliches. Hochbegabung ist ein bekanntes und erforschtes biologisches Phänomen.

SZ: Die "Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind" spricht davon, dass etwa zwei bis drei Prozent der Kinder hochbegabt sind, also einen IQ von mindestens 130 haben. Wie wurde Ihre Begabung entdeckt?

Kogler: Nun ja, wie Sie schon sagten: Es ist eben nicht normal, wenn ein Kind bereits mit zweieinhalb Jahren lesen kann. Meine Eltern sahen einen Fernsehbericht über Hochbegabte und erkannten darin mein Verhalten wieder. Eine Psychologin bestätigte ihnen dann, dass ich hochbegabt bin.

SZ: Ihre Eltern haben also alles richtig gemacht?

Kogler: Ja, und vor allem haben sie niemals gesagt: "Du musst das machen!" Vielmehr haben Sie mir meine Möglichkeiten erklärt und mir gleichzeitig versichert, dass sie hinter mir stehen - egal wie ich mich entscheide. Es war mein Wunsch, mehrere Klassen zu überspringen, mich mit 13 Jahren an der Universität einzuschreiben. Und im Nachhinein waren das die richtigen Entscheidungen.

SZ: Sehen Sie Ihre Hochbegabung als Fluch oder als Segen?

Kogler: Eindeutig als Segen. Als ich zur Schule ging und parallel schon mit dem Studieren begonnen hatte, musste ich natürlich etwas mehr lernen als meine Mitschüler. Auch mein Terminkalender war womöglich voller - aber dafür hatte ich mich ja bewusst entschieden.

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SZ: Gerade volljährig, sitzen Sie bereits an Ihrer Doktorarbeit. Ihr Leben, Ihre Karriere verläuft wie im Zeitraffer. Haben Sie nicht manchmal das Gefühl, dass Sie irgendetwas verpasst haben könnten?

Die Martin-Luther-Universität in Halle: Hier arbeitet Deutschlands jüngster Uni-Dozent. Im Wintersemester 2010/2011 werden hier so viele junge Leute wie noch nie studieren. Fast 19.500 Studenten seien eingeschrieben, sagte Prorektor Christoph Weiser. (Foto: dapd)

Kogler: Nein, diesen Eindruck habe ich nicht. Ich hatte eine außergewöhnliche, aber durchaus glückliche Kindheit. Statt mir von meinen Eltern vorlesen zu lassen, habe ich Bücher selbst gelesen.

SZ: Österreichs jüngster Hochschulabsolvent, danach Diplom-Ingenieur mit 17 Jahren und nun Deutschlands jüngster Uni-Dozent - Ihr Leben ist voller Superlative.

Kogler: Überhaupt nicht. Mein Alltag ist ziemlich normal. Auch wenn meine Mitschüler und Kommilitonen deutlich älter waren, sah ich mich selbst immer als ganz normalen Schüler, als normalen Studenten. Und jetzt bin ich ein normaler wissenschaftlicher Mitarbeiter.

SZ: Gibt es denn da überhaupt noch Herausforderungen für Sie?

Kogler: Ich kann mir ja immer wieder neue suchen - das ist der Vorteil an der Universität. Hier warten jeden Tag neue Aufgaben. Sei es im Forschungsbetrieb oder wenn ich den Studenten komplexe Sachverhalte anschaulich und verständlich vermitteln soll.

SZ: Gibt es auch Dinge, die selbst Ihnen als Hochbegabtem schwerfallen?

Kogler: Ja natürlich, das Lernen von Fremdsprachen zum Beispiel. Und manchmal habe ich auch zwei linke Hände. Ich habe es zwar geschafft, die Möbel für meine neue Wohnung hier in Halle aufzubauen, aber dann ist es schon vorbei mit meinem handwerklichen Geschick.

SZ: In Ihrem Buch "Gemischte Gefühle und anderer Zeitvertreib. Erfahrungen und Einsichten eines Hochbegabten" fordern Sie unter anderem, die Anwesenheitspflicht in der Schule zu lockern.

Kogler: Es mag merkwürdig erscheinen, aber wenn ein Schüler an einem bestimmten Tag partout nicht in der Schule sein will, dann ist es für ihn und die Klassengemeinschaft sinnvoller, wenn er auch daheim bleibt - und seine Zeit mit anderen Dingen verbringt. Eine solche Regelung verlangt natürlich nach mehr Selbstverantwortung des Schülers, schließlich muss er den Stoff selbständig nachholen. Auch Zugangsbeschränkungen stehe ich kritisch gegenüber. Ich bin der Meinung, dass die beste Zugangsbeschränkung das Studium selbst ist. Es zeigt sich ohnehin recht bald, wer für das Studium geeignet ist und wer nicht.

SZ: Sie selbst wurden aber immer richtig gefördert?

Kogler: Ich sage es einmal so: Ich habe Glück gehabt. Ich hatte immer die richtigen Direktoren und Lehrer, die mich unterstützt haben. Ein Bildungssystem darf sich aber nicht auf den Glücksfall verlassen.

SZ: Wie sehen nun Ihre weiteren Zukunftspläne aus?

Kogler: Ich möchte erst einmal in der Forschung bleiben und meine Promotion abschließen. Bis die Dissertation fertig ist, wird es aber noch zwei oder drei Jahre dauern. Einem weiteren Rekord jage ich nicht hinterher.

© SZ vom 11.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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