Tipps vom SZ-Rechtsbeistand:Wie bekomme ich ein faires Arbeitszeugnis?

Als Mutterschaftsvertretung kam SZ-Leserin Eva M. zu ihrem letzten Arbeitgeber. Doch noch in der Einarbeitungszeit bot man ihr einen anderen Job an - und sie wechselte das Unternehmen. Auf ihr Arbeitszeugnis wartet sie bis heute. Rechtsanwältin Ina Reinsch weiß Rat.

SZ-Leserin Eva M. fragt:

Ich hatte einen Job als Mutterschaftsvertretung begonnen. Gegolten hat er "für die Vertretungszeit während des Mutterschutzes, längstens jedoch bis zum 31.7.2014". Das Unternehmen hat es sich gegönnt, mich durch die künftige Mutter ein Vierteljahr lang einarbeiten zu lassen.

Völlig unverhofft habe ich nach zwei Monaten ein gutes Angebot einer anderen Firma bekommen, sodass ich quasi mit dem Fortgang der Mutter das Unternehmen verlassen habe. Es war keiner begeistert - logisch. Obwohl ich hart in meiner Probezeit gearbeitet habe, hat mir die Personalerin gesagt, ich sei nur "mitgelaufen".

Nun bekomme ich trotz mehrfacher Nachfrage kein Zeugnis ausgestellt. Welche Möglichkeiten habe ich nun? Und worauf muss ich bei den Formulierungen achten?

Ina Reinsch antwortet:

Liebe Frau M., erst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem beruflichen Erfolg. Gleich zweimal innerhalb kurzer Zeit eine Stelle zu bekommen, spricht für Sie. Menschlich nachvollziehbar ist, dass Ihr erster Arbeitgeber wenig begeistert war, als Sie nach der Einarbeitungszeit den Hut nahmen. Davon darf er sich jedoch nicht leiten lassen.

Fest steht, dass Sie einen Anspruch auf ein Zeugnis haben. Selbst wenn Ihre Zeit bei einem Unternehmen kurz war und Sie gleich nach Ablauf der Einarbeitungsphase wieder ausgeschieden sind. Ob das Arbeitsverhältnis dabei befristet war - oder unbefristet, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Grundsätzlich können Sie wählen, ob Sie ein einfaches oder qualifiziertes Zeugnis möchten. Ich würde zu einem qualifizierten Zeugnis raten, das neben Art und Dauer der Beschäftigung auch Auskunft über Leistung und Verhalten gibt.

Fällig wird der Anspruch auf Zeugniserteilung spätestens mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Sie haben es ja auch bereits mehrfach verlangt. Achten sollten Sie noch auf eventuelle arbeits- und tarifvertragliche Verfall- oder Ausschlussfristen. Diese können vorsehen, dass der Anspruch verfällt, wenn Sie ihn nicht innerhalb einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Form geltend machen.

Inhaltlich muss das Zeugnis wohlwollend und wahr sein. Wohlwollend deshalb, um Ihnen als Arbeitnehmerin nicht die berufliche Zukunft zu verbauen, wahr, weil ein künftiger Arbeitgeber eine realistische Einschätzung haben muss. Bei Ihrem Zeugnis sollten Sie auf einige Details achten: So sollte das Ausstellungsdatum mit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen übereinstimmen. Zudem sollte es formell tadellos sein.

Beispiele zum Aufbau, der Form und Sprache von Zeugnissen füllen ganze Bücher. Daher möchte ich nur kurz auf zwei Punkte hinweisen: Der Grund für die frühe Beendigung des Arbeitsverhältnisses - also Ihr Ausscheiden aufgrund des neuen Angebots - muss aufgenommen werden, wenn Sie es wünschen. Anspruch auf ein Bedauern über Ihr Ausscheiden und gute Wünsche für die Zukunft haben Sie aber nicht.

Um überhaupt an ein Zeugnis zu kommen, sollten Sie bei der Personalerin nochmals mit Nachdruck auf Ihren Anspruch verweisen. Sie können auch anbieten, selbst ein Zeugnis zu entwerfen. Sollte das nicht zum Erfolg führen, hilft häufig ein anwaltliches Schreiben. Stellt der Arbeitgeber dann immer noch kein Zeugnis aus, können Sie ihn vor dem Arbeitsgericht auf Erteilung eines Zeugnisses verklagen.

Sollte man Ihnen ein schlechtes Zeugnis ausstellen, können Sie ebenfalls klagen. Angemerkt sei dabei, dass der Arbeitgeber die Richtigkeit seines Zeugnisses unbedingt beweisen muss, wenn er unterdurchschnittliche Leistungen attestiert.

Ina Reinsch hat Rechtswissenschaft in München und Zürich studiert. Heute lebt sie als Rechtsanwältin, freie Journalistin, Buchautorin und Referentin in München und befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Arbeitsrecht.

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