Kolumne "Was ich am Job hasse":Wer hier sitzt, kann einem leidtun

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Der Arbeitstisch als eine materialisierte To-do-Liste. (Foto: Illustration: Jessy Asmus/SZ.de)

Aufgeräumte Arbeitsplätze sind wunderbar, leider gehören sie immer den anderen.

Kolumne von Katja Schnitzler

Der Anblick dieses Schreibtischs ist schwer zu ertragen. Das liegt nicht an der Tischplatte in Langweilgrau - von der ist nicht viel zu sehen. Es geht um das, was sich darauf erhebt wie Plattenbauten in Miniatur. Papier, Bücher, Versandtaschen, Notizen, flache Ordner, dicke Ordner und noch mehr Papier.

Von links und rechts rücken die Stapel an Tastatur und Bildschirm heran, der Maus bleibt ein Bewegungsradius von wenigen Zentimetern. Der Papierstapel ganz links am Tisch würde abstürzen, wenn ihn nicht ein kleines, aber schweres Buch gerade noch im Gleichgewicht hielte. Am Monitor hängen ältere Post-it-Zettel nur deshalb, weil neue darüber geklebt sind. Wer hier sitzt, kann einem leidtun. Es ist mein Schreibtisch.

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Er scheint über eine wissenschaftlich noch weitgehend unerforschte Form von Magnetismus zu verfügen: Mein Tisch zieht Papier an. Werfe ich ein Blatt weg, liegen drei neue da und bilden das Fundament für den nächsten, schnell wachsenden Stapel.

Im Chaos strebt das Hirn nach Ordnung, sagt eine Studie

Ich nenne es kreatives Chaos, andere finden schon diese Betrachtungsweise chaotisch. Dabei besagt eine Studie, die ich nach langem Suchen gefunden habe, dass Menschen im Chaos auf bessere Lösungsideen kommen - und auf einfachere, weil ihr Hirn nach Ordnung strebt.

Eine beruhigende Erkenntnis, bis ich sie laut verkünde. Die Kollegin mit dem immer blitzblank-sortierten Arbeitsplatz meint süffisant: Warum ich dann nicht auf die gute und einfache Idee komme, jeden Abend den Tisch aufzuräumen? Aber zu diesem späten Zeitpunkt will ich lieber nach Hause gehen, um mich dem Chaos dort zu widmen. Ganz kreativ.

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Dabei ist es nicht so, dass ich mich in den Weiten einer wohlgeordneten Tischfläche haltlos und verloren fühlen würde - oder nur selten. Bisweilen setze ich mich an den Nachbarplatz, an dem Tastatur, Maus und ein paar Stifte genau wissen, wo ihr Platz ist. Ich muss zugeben, hier fühle ich mich offener für neue Projekte und Taten, statt ausgebremst zu sein von dem offensichtlich Unerledigtem. Mein Tisch ist eine materialisierte To-do-Liste.

Beanspruchte nicht ein gut gefüllter Schubladen-Container den Platz unter dem Tisch für sich, würde dort auch noch ein Bücherstapel aus dem Boden wachsen und sich breitmachen als real gewordener Klotz am Bein.

Egon, Eckbert und Elvira, die drei Staubmäuse

Regelmäßig, etwa einmal im Jahr, überkommt mich ein Anfall von Aufräumwut. Der Auslöser ist meist nichtig: ein Bildband, der mit Getöse vom höchsten Stapel gerutscht ist; der brennende Nackenschmerz, weil die Arme nie locker liegen, sondern eng an den Körper gepresst sind, acht Stunden am Tag. Oder drei Staubmäuse hinter dem Monitor - ich hatte sie Egon, Eckbert und Elvira getauft - die sich auf dem Klebestreifen des Post-it-Zettelblocks zu einer unansehnlichen Staubratte vereint haben.

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Dann räume ich und sortiere ich und werfe weg, gnadenlos, da voller Zorn und befeuert von ein wenig Scham, schließlich steht auf den Ausdrucken ganz unten im Stapel das Datum lange vergangener Bürozeiten. Der Papierkorb wird aus seinem Dornröschenschlaf gerissen, er füllt sich, der Tisch leert sich. Sogar die Wand ist zu sehen.

So soll es sein, so wird es bleiben! Ich bin zuversichtlich. Zwei Wochen lang. Dann arbeitet der unheimliche Papier-Magnetismus wieder gegen mich: Ein erster Zettel liegt in der äußersten Ecke, von dort aus erobern die Stapel ihr Revier zurück, bis sie ans Mousepad stoßen. Je höher sie werden, desto düsterer wird mein Platz.

Ich besorge mir eine Schreibtischlampe. Als ich sie das erste Mal einschalte, sehe ich: Ich bin nicht allein. Auch Egon, Eckbert und Elvira sind wieder da.

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