Klauen unter Kollegen:Warum im Büro so viele Stifte verschwinden

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Wo Kollegen auf engem Raum zusammen arbeiten, verschwinden viele Dinge. (Foto: imago stock&people/imago/Westend61)

Wir halten uns für ehrliche Menschen, doch ausgerechnet im Büro klauen wir wie die Raben. Woran liegt das?

Von Christina Waechter

Eine kurze Umfrage unter Kollegen ergibt ein deprimierendes Bild. Ob Stifte, Kopfhörer, Papier oder Kühlschrank-Inhalte - fast jeder hat schon mal etwas im Büro mitgehen lassen oder wurde selbst Opfer eines Kollegen-Diebstahls:

  • "Ich habe meiner Zimmerkollegin schon mal Handcreme geklaut, weil ich immer ganz komisch trockene Hände hatte."
  • "Ich hole mir alle paar Wochen eine Handvoll Stifte aus dem Schrank, die sich dann im Laufe der Zeit in Luft auflösen. Wenn ich dann den letzten auch nicht mehr finde, bediene ich mich an den Tischen der Kollegen - sozusagen aus Notwehr."
  • "Ich weiß nicht immer, wem die Getränke im Kühlschrank gehören, die ich mir hin und wieder da rausnehme."
  • "Mir ist schon mal ein von mir selbst erworbener und teurer Kopfhörer geklaut worden. Das hat mich wahnsinnig geärgert."
  • "Sobald ich einen meiner Rotstifte auf dem Schreibtisch liegen lasse, ist er am nächsten Morgen weg."
  • "Ein bisschen Schwund ist meiner Meinung nach ganz natürlich in einer Umgebung mit so vielen Stiften und anderem Bürozeug."

Dass Menschen im Büro zu diebischen Elstern werden, ist bekannt. Eine repräsentative Umfrage der GfK im Auftrag des Büroartikel-Shops Papersmart hat ergeben, dass 25 Prozent der Deutschen bekennende Bürodiebe sind. Die meisten Langfinger leben in Berlin (43 Prozent), gefolgt von Hamburg (40 Prozent) und Thüringen (39 Prozent).

Eigentlich sind wir ehrlich - eigentlich

Es ist paradox: Die meisten Menschen sehen sich selbst als ehrliche, gesetzestreue Bürger, die sich an Regeln halten. Und dennoch tun wir in bestimmten Situationen Dinge, die sich mit unserem glänzenden Selbstbild nicht vereinbaren lassen.

Dass wir ausgerechnet im Büro oft zu Langfingern werden, hängt mit mehreren Faktoren zusammen. Zum einen sehen wir in vielen Momenten den unmittelbaren Nutzen eher als eine langfristige (negative) Folge unseres Tuns. Derselbe psychologische Mechanismus, der uns zum Nachtisch greifen lässt, obwohl wir abnehmen wollten: Der unmittelbare Genuss ist uns näher als das langfristige Ziel, zwei Pfund abnehmen zu wollen.

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Zudem vergessen wir oft dann all unsere Überzeugungen, wenn es uns besonders einfach gemacht wird. Wer also seine Kopfhörer am Tisch liegen lässt, der trägt zumindest einen kleinen Teil der Verantwortung dafür, wenn sie irgendwann verschwinden. Und wir neigen immer dann besonders zu moralisch fragwürdigem Verhalten, wenn wir uns unbeobachtet glauben.

Strategien gegen Langfinger-Kollegen

Wer also verhindern möchte, dass sein mühsam vorbereitetes Mittagessen in Zukunft aus dem Kühlschrank verschwindet, der kann einige Gegenmaßnahmen ergreifen:

  • Zeigen Sie Ihren Kollegen, dass sie nie ganz unbeobachtet sind. Und sei es, indem Sie Plastik-Augen auf Ihr Sandwich kleben.
  • Verstauen Sie Ihre Wertsachen und alles, was Ihnen lieb und teuer ist, um niemanden in Versuchung zu führen.
  • Appellieren Sie an die Ehre Ihrer Kollegen und machen Sie ihnen klar, dass auch das Essen eines fremden Sandwichs nichts anderes als Diebstahl ist.
  • Und dann gäbe es da noch eine ganz andere Möglichkeit, Kollegen-Klau einzudämmen. Dazu hat Tatiana Sandino, Professorin an der Harvard Business School, geforscht, und sie hat einen eindeutigen Tipp für alle Chefs: Wer seine Angestellten gut bezahlt und ihnen Anerkennung zukommen lässt, der wird deutlich seltener bestohlen.
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