Hauptberuf und Nebenjob:Standbein, Spielbein

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Zwist um den Zweitjob: Nebentätigkeiten dürfen nicht grundsätzlich verboten werden. Das heißt aber nicht, dass sie immer erlaubt sind.

Barbara Sommerhoff

Manche tun es aus Spaß. Andere aus wirtschaftlicher Not. Die Gründe, warum jemand neben seinem Hauptberuf eine Nebentätigkeit ausübt, sind vielfältig. Doch immer gilt: Der Angestellte muss den Arbeitgeber der Hauptbeschäftigung über den oder die Nebenjobs informieren. Der Chef darf Nebentätigkeiten seiner Mitarbeiter nicht pauschal verbieten. "Das leitet sich aus den verfassungsmäßigen Rechten der Berufsfreiheit und der allgemeinen Handlungsfreiheit ab", sagt Oliver Zöll, Partner im Bereich Ar-beitsrecht der Kanzlei White & Case LLP in Frankfurt. Allerdings gebe es, wie immer in juristischen Fragen, Ausnahmen. "Und das bedeutet: In der Praxis sieht das nicht selten komplett anders aus."

Die Balance muss stimmen: Wer sich zu viel aufbürdet, macht keinen Job richtig. Der Hauptarbeitnehmer kann vollen Einsatz fordern (Foto: Getty)

Wenn beispielsweise ein Pilot nebenher als Barkeeper arbeiten möchte, kann ihm die Fluggesellschaft als sein Arbeitgeber dies verbieten. Denn die regelmäßige nächtliche Arbeit kostet Kraft. Schlafmangel und womöglich Alkoholkonsum stehen mit den Anforderungen, die an Piloten gestellt werden, in Konflikt. "Das ist so offensichtlich, dass die Lufthansa zum Beispiel keinerlei Probleme haben würde, dies zu verbieten", sagt Zöll.

Ähnlich eindeutig ist das Verbot, seinem Arbeitgeber mit einer Nebentätigkeit Konkurrenz zu machen. "Wer als Programmierer einer Software-Firma arbeitet und nebenher seine berufliche Selbständigkeit in derselben Branche mit gleichen Produkten aufbaut, bekommt Probleme", sagt Zöll. In den meisten Fällen regelt der Arbeitsvertrag, dass Wettbewerbstätigkeiten ausdrücklich untersagt sind. Aber selbst wenn eine solche Klausel fehlt, gilt das Wettbewerbsverbot. Der Konflikt wäre offensichtlich und ein Verbot der Nebentätigkeit spätestens vor Gericht durchzusetzen.

Für den Laien nicht ganz so offensichtlich ist der Fall eines Krankenpflegers, der nebenher als selbständiger Leichenbestatter gearbeitet hat. Beides sind ehrenwerte Berufe. Zumindest zeitlich lassen sie sich problemlos kombinieren. Und ein Wettbewerbsverhältnis besteht offensichtlich nicht. Dennoch wollte das Krankenhaus als Arbeitgeber seinem Angestellten diese Nebentätigkeit verbieten. Die Parteien zogen bis vor das Bundesarbeitsgericht. Der Krankenpfleger verlor den Prozess. Die Begründung der Richter: Das öffentliche Ansehen des Krankenhausträgers könnte Schaden nehmen, wenn bekannt würde, dass ein dort arbeitender Krankenpfleger nebenher auch als Leichenbestatter arbeitet (6AZR 357/01 vom 28. Februar 2002).

Spätestens an diesem Fall wird klar, dass jeder gut daran tut, sich mit dem Arbeitgeber über seine Nebentätigkeiten zu einigen. Das gilt auch dann, wenn dies nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag gefordert wird. Zwar muss ein Beschäftigter keine Genehmigung einholen. Aber melden muss er eine Nebentätigkeit auf jeden Fall. Verbietet der Chef die Nebenarbeit, kann der Arbeitnehmer zumindest eine Begründung fordern.

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Die formale Zustimmung ist das eine, das Atmosphärische das andere. So empfiehlt es sich, seine Vorgesetzten und Kollegen über konkrete Projekte zu informieren, die der Zweitjob mit sich bringt. Wer beispielsweise nebenher in einem Orchester arbeitet und auf Konzertreise geht, sollte das seinem Team vorab mitteilen. Verspätet sich die Rückreise, sind Kollegen und Chef zumindest vorbereitet. "Eine Möglichkeit ist auch, im Anschluss an die Konzertreise vorsorglich einen Tag Urlaub einzuplanen, wenn man das Risiko sieht, dass man nicht pünktlich zurück sein könnte", meint Zöll. Wer sich wegen Aschewolke oder Pilotenstreik, also wegen höherer Gewalt, erst verspätet wieder am Arbeitsplatz einfindet, muss weder Abmahnung noch Kündigung befürchten. Allerdings erhält er für diese Zeit keinen Lohn.

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Die Frage, ob und wie viel man während seines Urlaubs arbeiten darf, ist in Paragraph 8 des Bundesurlaubsgesetzes geregelt. Der besagt, dass Urlaub "grundsätzlich" der Erholung dient. Wie immer sorgt auch hier das Wort "grundsätzlich" dafür, dass Richter und Anwälte nicht arbeitslos werden. Die Gerichte orientieren sich bei der Frage, was grundsätzlich der Erholung dient, am Arbeitszeitgesetz. Danach darf jeder Angestellte pro Tag acht Stunden arbeiten, und zwar sechs Tage die Woche. Das addiert ergibt 48 Stunden, die laut Arbeitszeitgesetz zulässig sind. Wer beispielsweise laut Arbeitsvertrag 37 Stunden pro Woche arbeitet und in seinem Nebenjob nicht mehr als elf Stunden unterwegs ist, bekommt nach Einschätzung des Arbeitsrechtlers Oliver Zöll keine Probleme.

Doch wie verhält es sich, wenn ein Arbeitnehmer seinen kompletten Jahresurlaub dazu nutzt, in einem Ferienclub als Animateur zu arbeiten oder als ehrenamtlicher Mitarbeiter eine Kinderfreizeit zu organisieren? "Eine Vollzeittätigkeit im Urlaub ist problematisch", sagt Zöll. Im Streitfall würde in der Praxis wohl unter anderem ermittelt werden, ob der Arbeitnehmer nach dem Urlaub so erschöpft war, dass er seinen Hauptberuf nicht mehr korrekt ausüben konnte. Allerdings müssten die sich daraus ergebenden Leistungsdefizite über einen längeren Zeitraum andauern. "Wer nur einmalig eine Woche eine schlappe Phase hat, kann dafür noch nicht die Kündigung erhalten." Eine Abmahnung könne man sich allerdings durchaus einfangen.

Expertenrat einzuholen, empfiehlt sich auch bei der Frage, wie Nebenjobs unter finanziellem Aspekt organisiert werden können. Wer beispielsweise neben dem Hauptberuf mehrere 400-Euro- Jobs ausübt, muss auch dafür Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Die Höhe dieser Beiträge wird errechnet, indem alle Einkünfte aus den Nebentätigkeiten addiert werden. "Das kann schlimmstenfalls dazu führen, dass die Sozialbeiträge so hoch sind, dass sie die Einkünfte aus den Nebenjobs auffressen", warnt Zöll. In einem solchen Fall könnte es günstiger sein, die Nebenjobs als sogenannter Freelancer auszuüben. Das erzielte Honorar muss zwar als "Einkünfte aus selbständiger Arbeit" versteuert werden, aber die Sozialversicherungsbeiträge entfallen.

In bestimmten Fällen können die Einkünfte aus Nebentätigkeiten auch auf das Gehalt der Haupttätigkeit angerechnet werden. Wenn etwa ein Mitglied der Geschäftsleitung in einem anderen Unternehmen eine Aufsichtsratsfunktion ausübt, können diese Einkünfte bei einer entsprechenden Regelung im Dienstvertrag auf das Gehalt als Geschäftsführungsmitglied angerechnet werden. "Das Argument lautet dann, dass er den Posten als Aufsichtsrat ja nur deswegen ausübt, weil er Vorstand des Unternehmens ist", erklärt Arbeitsrechtler Zöll. Für die großen börsennotierten Unternehmen und für den Fall, dass die Unternehmen nicht verbunden sind, gelte das aber in der Regel nicht. "Da laufen die Bezüge in der Praxis meist nebeneinander. Da muss sich niemand Sorgen machen."

© SZ vom 10.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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