Frage an den SZ-Jobcoach:Wie setze ich mich bei den Kollegen durch?

Lesezeit: 2 min

Maja W. leidet unter einem dominant auftretenden älteren Kollegen. Das Machtgefälle innerhalb des Teams empfindet sie als ungerecht. Soll sie den Kollegen darauf ansprechen? Oder lieber den Mund halten und sich beweisen?

SZ-Leserin Maja W. fragt:

Ich bin Redakteurin, 30 Jahre alt, und arbeite seit Kurzem in einem Team mit zwei männlichen Kollegen (45 und 60 Jahre alt). Formal sind wir alle drei auf der gleichen Hierarchieebene, der älteste Kollege ist jedoch wegen seiner langjährigen Berufserfahrung in der Firma äußerst dominant und agiert praktisch wie ein Chefredakteur, dem wir zuarbeiten.

Da er eine sehr gute Beziehung zum Geschäftsführer hat und ich noch in der Probezeit bin, scheue ich mich, dieses Machtgefälle schon jetzt zu thematisieren, zumal da mein jüngerer Kollege sich offensichtlich mit der Situation abgefunden hat. Gleichzeitig befürchte ich langfristige Nachteile, wenn ich zu lange damit warte. Was raten Sie mir?

Christine Demmer antwortet:

Liebe Frau W., derartige Konstellationen sind keine Ausnahmeerscheinungen, weder in Ihrer Branche noch in anderen. Informelle Rangordnungen gibt es in jedem Team. Mal hat der oder die Älteste den besten Draht zum Chef. Mal ist es derjenige, der am längsten dabei ist und mal derjenige, der von der Sache tatsächlich am meisten versteht. Bei Ihnen ist es also der ältere Kollege, der sich als Erster unter Gleichen versteht. Was Sie als ungerecht empfinden, denn nach außen wie nach innen sollen alle gleich sein und dasselbe zu sagen haben.

An sich ist das ein schöner Gedanke, wirklich. Es soll Teams geben, bei denen das auch zeitweilig funktioniert: Niemand sagt an, keiner ragt hervor, alle geben das, was sie können. Und wenn der Vorgesetzte dieses wunderbar rund laufenden Teams eines Tages geht und gefragt wird, wen er denn als seinen Nachfolger oder als seine Nachfolgerin empfiehlt, dann lässt er das seine Leute unter sich ausmachen oder Streichhölzchen ziehen. Ist das gerecht?

Nein, ist es nicht. Denn es würde das Leistungsprinzip außer Kraft setzen, dem jede hierarchisch aufgebaute Organisation nach außen hin huldigt. Idealerweise ist jedes Teammitglied dem anderen gleichgesetzt, niemand klinkt sich aus, keiner greift sich die erste Geige. Ihre Beobachtung freilich macht die Grenzen der Theorie deutlich.

Denn kein Mensch kommt als Teamplayer auf die Welt. In den ersten Monaten seines Lebens hat ein neuer Erdenbürger vor allem eines im Sinn: sein eigenes Wohlbefinden. Daran ändert sich erst etwas, wenn der geborene Egozentriker aus eigener Einsicht sein Verhalten ändert - weil er eines Tages bemerkt, dass man das Gewünschte bedeutend kräfteschonender mit einem Lächeln erreicht oder wenn es der Umwelt durch erzieherische Maßnahmen gelingt, seine Prioritäten zu ändern.

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Eine solche Maßnahme haben Sie wohl im Sinn, wenn Sie daran denken, das Machtgefüge in Ihrer Gruppe anzusprechen. Überlegen Sie doch einmal, wie der ältere Kollege darauf reagieren wird. Was auch immer er sagt - im Klartext dürfte es lauten: "Was bilden Sie sich ein, Sie Küken?" Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit werden Sie sich eine scharfe Zurechtweisung angeln. Und das ist noch nicht einmal das Schlimmste. Der angegriffene Kollege könnte Sie auch väterlich-wohlwollend der Naivität bezichtigen und Ihnen damit eine erzieherische Maßnahme verabreichen. So etwas sprengt rasch die Abteilungsgrenzen, und das wäre dann ein ganz schlechter Start in den Beruf.

Ihre innere Stimme berät Sie also durchaus richtig. Halten Sie den Mund, beweisen Sie, was in Ihnen steckt und sammeln Sie Leistungs- und Sympathiepunkte. Gut möglich, dass sich das Problem damit in nicht allzu ferner Zeit ganz von selbst erledigt.

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten beantworten ausgewählte Fragen im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich anonymisiert.

© SZ vom 15.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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