Frage an den Jobcoach:Soll ich meine Behinderung in der Bewerbung erwähnen?

Benedikt F. ist unsicher, wie er bei der Jobsuche mit seinem Schwerbehindertenstatus umgehen soll. Nun bittet er den SZ-Jobcoach um Rat.

SZ-Leser Benedikt F. fragt:

Ich bin diplomierter Betriebswirt und nach überstandener psychischer Krankheit mit Schwerbehindertenausweis (GDB 60 Prozent) auf Jobsuche. Nun frage ich mich, ob ich in meiner Bewerbung den Schwerbehindertenstatus erwähnen soll. Wissen Sie, ob es Listen von Firmen oder Einrichtungen gibt, die gezielt Schwerbehinderte einstellen? Am liebsten würde ich eine Traineestelle antreten oder noch einmal dual studieren. Wo und wie würden Sie sich an meiner Stelle bewerben?

Christine Demmer antwortet:

Lieber Herr F., das Vorliegen einer Behinderung und der Grad der Behinderung hat für Arbeitnehmer nicht unwesentliche Vorteile. Bei einem festgestellten GDB ab 50 Prozent besteht Anspruch auf Steuerermäßigungen, mehr Urlaubstage sowie auf einen erhöhten Kündigungsschutz am Arbeitsplatz. Diese Bevorzugung gegenüber gesunden Arbeitnehmern soll den erlittenen Schicksalsschlag mildern.

Der SZ-Jobcoach

Christine Demmer arbeitet als Wirtschaftsjournalistin in Deutschland und Schweden. Sie ist Managementberaterin, Coach und Autorin zahlreicher Sachbücher zu Kommunikations- und Personalthemen.

Wer jedoch erst eine Stelle sucht, entdeckt häufig, dass das ein Danaer-Geschenk sein kann. Viele Arbeitgeber legen Anschreiben mit dem Hinweis "Schwerbehinderung" erschreckt zur Seite. Manche argwöhnen, dass der Bewerber weniger leistungsfähig sei als ein gesunder Mitarbeiter. Andere zucken vor dem zu gewährenden Mehrurlaub zurück, fürchten, sie müssten den Arbeitsplatz aufwendig umbauen oder haben Angst vor Stress im Team. In vielen Fällen scheuen Personalchefs schlicht vor der Andersartigkeit des Bewerbers zurück. Sie sorgen sich, dass die Homogenität ihres Teams gestört werden könnte, und ziehen es vor, die vom Gesetzgeber vorgesehene Ausgleichsabgabe zu zahlen.

Als Bewerber mit einer anerkannten Schwerbehinderung können Sie diesen Sachverhalt für sich behalten, solange die Erkrankung oder deren Nachwirkungen keine Einschränkungen bei der Ausübung der ausgeschriebenen Stelle mit sich bringen. Vieles lässt den Schluss zu, dass die Chancen auf eine Einladung sinken, wenn man eine Behinderung bereits im Anschreiben erwähnt.

Anders ist das jedoch bei der Bewerbung auf Stellen im öffentlichen Dienst. Denn Ämter und Behörden sind verpflichtet, alle fachlich passenden behinderten Bewerber ab einer Schwerbehinderung von 50 Prozent beziehungsweise ihnen Gleichgestellte bei mehr als 30 Prozent zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

Das führt zur Antwort auf Ihre Frage. Auch der öffentliche Dienst stellt Nicht-Beamte ein. Außerdem gibt es in Deutschland viele öffentliche Unternehmen mit Bedarf an Mitarbeitern, die trotz gesundheitlicher Einschränkungen - die in Ihrem Fall ja sogar überstanden sind - mit Begeisterung bei der Sache ist. Erkundigen Sie sich dort, welche Möglichkeiten es für Sie als Trainee oder als dual Studierender gibt. Alternativ oder wenn Sie dort nicht weiterkommen: Unter www.myhandicap.de finden Sie eine Jobbörse mit Angeboten von Arbeitgebern, die gerne Schwerbehinderte einstellen.

Ihre Frage an den SZ-Jobcoach

Haben Sie auch eine Frage zu Berufswahl, Bewerbung, Etikette oder Arbeitsrecht? Dann schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere Experten beantworten ausgewählte Fragen. Ihr Brief wird anonymisiert.

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