Downshifting:Wie man trotz Teilzeit Karriere macht

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Wer Familie und Beruf vereinbaren will, braucht flexible Arbeitszeitmodelle. Doch das ist in Deutschland bis heute ein großes Problem - denn an der Teilzeitarbeit haftet ein negatives Image. DGB-Gleichstellungsexpertin Anja Weusthoff sagt, was das Downshifting so schwierig macht und warum kaum Männer in Teilzeit gehen.

Jutta Göricke

Wer in einem Betrieb mit mehr als 15 Mitarbeitern beschäftigt ist, hat das Recht auf eine Teilzeitstelle - wenn nicht dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen. Anja Weusthoff, Abteilungsleiterin Frauen-, Gleichstellungs- und Familienpolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin, sagt, was Teilzeitarbeit so schwierig macht und warum so wenige Männer ihr Recht in Anspruch nehmen.

SZ: Eine Möglichkeit, berufstätige Mütter zu entlasten, wäre: Teilzeitarbeit für beide Elternteile. Gibt es das im wirklichen Leben?

Weusthoff: Es gibt Eltern, die sich Kinder- und Erwerbsarbeit teilen. Aber insgesamt sind nicht einmal fünf Prozent der Väter Teilzeitbeschäftigte. Dass so wenige Männer daheim bleiben, hat meist einen ganz pragmatischen Grund: Sie verdienen einfach mehr als ihre Frauen und können so die Familie besser ernähren.

Haben Männer größere Probleme als Frauen, eine Reduzierung der Arbeitszeit durchzusetzen?

Ja, allerdings ist die Bereitschaft der Arbeitgeber, Teilzeitstellen zu gewähren, je nach Größe des Betriebs, nach Branche und nach Unternehmenskultur unterschiedlich. Außerdem spielt der Aufgabenbereich des Beschäftigten eine Rolle.

Bringt Teilzeitarbeit mit sich, dass man in den Augen der Kollegen als unzuverlässig und weniger kompetent gilt?

Tatsächlich ist es so, dass Teilzeitkräfte - obwohl sie erwiesenermaßen höchst effektiv arbeiten - oft mit großer Skepsis betrachtet werden. Da heißt es dann: halbe Arbeitszeit, halbe Leistung.

Teilzeit arbeiten und Karriere machen - lässt sich das miteinander vereinbaren?

In Deutschland schließt das eine das andere meist aus. ( Lesen Sie ein erfolgreiches Gegenbeispiel hier.) Das liegt zum Beispiel daran, dass hierzulande - etwa im Vergleich mit anderen EU-Ländern - eine ausgeprägte Präsenzkultur herrscht. Teilzeit und Karriere ließen sich besser vereinbaren, wenn der Einzelne mehr Souveränität hätte. Beschäftigte sollten Dauer, Lage und Rhythmus der Arbeitszeit mitbestimmen dürfen. Studien zufolge wünschen sich besonders Eltern eine Arbeitszeit von 30 bis 35 Wochenstunden - also Vollzeit light, damit sowohl Vater als auch Mutter voll ihrem Beruf nachgehen können und die Familienorganisation trotzdem gesichert ist.

Oft gibt es ja Probleme, eine Teilzeitstelle wieder aufzustocken.

Das stimmt. Wenn man einmal in Teilzeit ist, kommt man nur schwer wieder heraus. Um dem entgegenzuwirken, brauchen wir ein Recht auf befristete Teilzeit, wie es etwa die EU-Elternzeitrichtlinie vorsieht. Sie fordert einen Rechtsanspruch auf befristete Arrangements nach der Elternzeit.

Wie sollte man lancieren, dass man eine Zeit lang weniger arbeiten möchte?

Klar sagen, was man möchte und warum das so ist. Und man sollte auf jeden Fall aushandeln, dass man später seine Stundenzahl wieder erhöhen kann - am besten mit Unterstützung des Betriebs- oder Personalrates.

© SZ vom 27.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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