Christian Wulffs Körpersprache:Ich freu mich. Wirklich?

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Kurz nach seiner Ernennung zum Kandidaten für das Bundespräsidentenamt betonte Christian Wulff, wie sehr er sich auf das neue Amt freue. Seine Körpersprache sagte etwas anderes.

Sein Lächeln war strahlend, und es war überzeugend. Christian Wulff freute sich. Damals vergangenen Sonntag, als er Eurovisions-Siegerin Lena am Flughafen Hannover begrüßte. Er lächelte auch dann noch, als Lena und Stefan Raab ihn links liegen ließen, und der Ministerpräsident ein wenig unbeholfen am Rande des Geschehens stand, darauf wartend, endlich seinen Blumenstrauß übergeben zu dürfen.

Freut er sich, oder freut er sich nicht? Christian Wulffs Körpersprache ist nicht immer eindeutig. (Foto: AP)

Gut, seine Schultern hingen ein wenig, aber das tun sie bei Christian Wulff oft, ohne gleich ein Zeichen für Unzufriedenheit oder Enttäuschung zu sein. Donnerstagabend schien das anders. Die Entscheidung war gefallen, Christian Wulff der Kandidat der Bundesregierung für das Amt des Bundespräsidenten. Gemeinsam mit Kanzlerin Merkel, Außenminister Westerwelle und CSU-Chef Seehofer trat Wulff vor die versammelte Hauptstadtpresse. Wieder waren es die Schultern. "Sie waren äußerst angespannt", stellte die Diplom-Psychologin und Körpersprache-Trainerin Monika Matschnig fest.

Christian Wulff betonte, wie sehr er sich auf seine neue Aufgabe freue, seine Körpersprache war hingegen nicht ganz so überzeugend - und die sagt ja oft mehr, als der betreffenden Person bewusst ist. "Von Freude war bei diesem Auftritt keine Spur", beobachtete Matschnig.

Nervöser Lidschlag

Am Donnerstag Nachmittag noch wich der amtierende Ministerpräsident Niedersachsens einer Frage nach seiner Kandidatur aus, verwies auf die Entscheidungsträger, zu deren Entschluss er nichts sagen könne. Im Nachhinein lässt sich beim Anblick dieser Aussage eine gewisse Vorfreude durchaus wahrnehmen. Ein Schmunzeln, das seine Lippen umspielte und wache Augen, die den Kontakt zum Gesprächspartner suchten. "Die strahlenden Augen zeigen die Freude, die Christian Wulff empfindet", so Matschnig. Aber schon hier sei der schnelle Lidschlag der Augen ein Zeichen von Nervosität gewesen, fügt sie hinzu.

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Die Freude schien am Abend der offiziellen Verkündung verflogen. Beinahe mühsam folgte der designierte Bundespräsident Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle - stets einen Schritt hinter ihnen. "Er wirkt wahnsinnig angespannt, die Fersen presst er fest auf den Boden, der Oberkörper ist beinahe ein bisschen nach vorne geneigt", analysiert Körpersprache-Expertin Matschnig.

Die Augen, die am Nachmittag noch aufgeregt hin und her huschten, blickten jetzt beinahe ängstlich hinter den Brillengläsern hervor, die Arme hingen steif neben dem Körper, von Lächeln keine Spur. "Das Aneinanderreiben der Zeigefinger ist ebenfalls ein Zeichen für Nervosität. Christian Wulff mag durchaus Freude über sein neues Amt empfinden, aber während dieses ersten Auftrittes wird sie von der Anspannung und dem Respekt vor dem Amt überschattet", vermutet Matschnig.

Für Emotionen blieb da nicht viel Raum. Lediglich als Christian Wulff aussprach, dass er den Deutschen Mut zusprechen wolle, flammte ein wenig Emotion auf. "Das Wort Mut hat er sehr stark betont, und es war wahrnehmbar, dass ihm das wirklich etwas bedeutet", sagt Matschnig.

Während für Angela Merkel die Arbeit mit der Findung eines Kandidaten erledigt ist, fängt sie für Christian Wulff jetzt erst an. Bleibt ihm zu wünschen, dass die Freude mit den ersten Wochen im Amt wieder die Oberhand gewinnt - und eine präsidiale Souveränität wieder mehr offene Emotionen zulässt.

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