Bildungsgipfel:Ganz groß im Kleinkrieg

Lesezeit: 2 min

Die Länder pokern im Kampf um bessere Bildung um einen größeren Anteil an der Mehrwertsteuer - und greifen dabei zu zweifelhaften Tricks.

Stefan Braun

Am Dienstag geht es noch immer hin und her. Per Fax, per Mail, per Telefon wird bis zuletzt gefeilscht und gerechnet, abgewogen und verworfen. Im Streit um die Finanzierung von Bildung und Forschung beweist die Politik vor dem zweiten Bildungsgipfel am Mittwoch in Berlin, wie sehr sich am Ende alles ums Geld dreht. Ob nun die Chefs der Staatskanzleien der Länder, ob Bundesforschungsministerin Annette Schavan oder der zuständige Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden - alle kämpfen um Millionen und Milliarden für mehr Bildung. Vor allem aber streiten sie darüber, wer die Hauptlast trägt.

Studenten protestieren mit Annette-Schavan-Masken für eine Verbesserung der Studienbedingungen. Wer die finanziert, wird auf dem Bildungsgipfel entschieden. (Foto: Foto: dpa)

Das Problem sind nicht fehlende Ideen in der Sache, die liegen zuhauf auf dem Tisch. So hat der Bund in den letzten Wochen gleich an drei Stellen angedeutet, wo er mehr machen möchte. Es soll ein sogenanntes Bologna-Paket geben, mit dem der Bund den Studenten das Studieren erleichtern möchte. Außerdem will er mehr Geld geben für die frühkindliche Bildung in den Kitas, für Sprachförderung in Kindergärten und Schulen sowie für die Fortbildung von Erziehern und Lehrern.

Dass das alles gut wäre, wird von den Ländern nicht bestritten. Schwierig ist das Verhandeln geworden, weil die neue Berliner Koalition von den Ländern am kommenden Freitag ein Ja zum umstrittenen Wachstumsbeschleunigungsgesetz haben möchte - und deshalb im Duell um die Bildungsausgaben in einer schlechteren Verhandlungsposition steckt.

Offiziell soll der Bildungsgipfel am Mittwoch nicht mit der Abstimmung am Freitag verbunden werden. Tatsächlich aber haben alle beides zugleich im Kopf. Einer der Verhandler räumt ein: "Wenn du mehr Karten auf den Tisch legst, kannst du auch mehr tauschen."

Die Länder feilschen

Dabei wird deutlich, dass der Bund ziemlich konkret ist, die Länder dagegen sehr feilschen. Die schwarz-gelbe Koalition hat schon im Koalitionsvertrag beschlossen, bis 2013 zwölf Milliarden Euro zusätzlich in die Bildung zu stecken. Außerdem scheint er bereit zu sein, einen hohen dreifachen Millionenbetrag für die genannten Zusatzmaßnahmen einzusetzen.

Die Länder dagegen wollen vom Bund eigentlich kein an Projekte gekoppeltes Geld. Sie pokern um einen höheren Anteil an den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. Seitdem der Bildungsgipfel und die Abstimmung im Bundesrat zeitlich so eng zusammenfallen, wollen sie das Ziel Mehrwertsteuerpunkte nicht mehr aufgeben. Sie wissen, dass der Bund was haben möchte, das wollen sie nutzen. Und zwar entweder, um tatsächlich mehr Mehrwertsteuerpunkte zu bekommen - oder um die Zuschüsse zum Beispiel zur Förderung der frühkindlichen Bildung hochzutreiben.

Die Lücke wird wieder größer

Dass die Länder mächtige Feilscher sind, beweisen sie immer wieder. Seitdem Bund und Länder auf dem ersten Bildungsgipfel 2008 beschlossen haben, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung auszugeben, unternehmen sie viel, um ihren Anteil an den zehn Prozent schön zu rechnen. Und sie haben versucht, die Lücke zwischen dem, was man bis 2015 erreichen will, und dem, was man erreicht, wenn man weitermacht wie bisher, kleinzurechnen, um den politischen Druck auf sie zu senken.

Seitdem sie indes ahnen, dass sie vielleicht mehr aus den Mehrwertsteuereinnahmen bekommen, wird die Lücke wieder größer. Derlei Tricks, so ist aus Regierungskreisen zu hören, widersprechen freilich "fundamental dem Ziel, gemeinsam deutlich mehr Geld in Bildung zu investieren."

© SZ vom 16.12.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: