Bewerbung:Wie begründe ich einen Studienabbruch?

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Coaching-Expertin Christine Demmer erklärt den Unterschied zwischen ziellos und beruflicher Orientierung.

SZ-Leserin Anke B. (25) fragt: "Nach meiner Berufsausbildung war ich ein paar Jahre als Sachbearbeiterin tätig und habe danach neun Monate im Ausland gejobbt. Jetzt studiere ich im ersten Semester BWL und packe das nicht - finanziell und von den Anforderungen her. Aber wie begründe ich den Studienabbruch im Bewerbungsbrief und im Vorstellungsgespräch? Ich will den Eindruck vermeiden, ich hätte keine Ausdauer und sei ziellos."

Liebe Frau B., offensichtlich hat der kurze Ausflug in die akademische Welt Ihr Selbstbewusstsein angeknackst. Unnötigerweise! Denn dass Sie Ausdauer haben, beweist Ihre abgeschlossene Ausbildung. Und dass Sie ein Ziel haben, machen Sie durch eine kluge Wortwahl in Ihrem Bewerbungsschreiben und im Vorstellungsgespräch deutlich.

Im Anschreiben steht sinngemäß: Sie wollen den annoncierten Job haben, weil Sie a) die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten dafür haben (mit Zeugnissen belegen!) und weil Sie b) die richtige Persönlichkeit dafür sind (flexibel, lernfähig, aufgeschlossen gegenüber neuen Herausforderungen und so weiter).

Aus Ihrer Bewerbung muss klar hervor gehen, dass Ihr bisheriger Lebensweg gewissermaßen schnurstracks auf diese eine Stelle hinausläuft. Stimmen Sie Ihre Formulierungen auf das skizzierte Anforderungsprofil an den Bewerber ab. Das gilt auch für den Lebenslauf. Natürlich sollen Sie nicht lügen. Aber die Wahrheit hat viele Gesichter. Wenn Sie ein halbes Jahr mit Ihrer Freundin quer über die Anden gewandert sind und dabei Spanisch gelernt haben, ist das schön und freut den Personalchef des Reisebüros, bei dem Sie sich bewerben. Für den hanseatischen Schifffahrtsmakler spielen Ihre Reiseerinnerungen eine Nebenrolle. Waren Sie nicht in Lima des Spracherwerbs wegen und haben sich dort oft genug im Hafen umgesehen? Skizzieren Sie ebenfalls alle Projekte und Sonderaufgaben, die Sie in ihren früheren Tätigkeiten übernommen und erfolgreich zu Ende geführt haben.

Rechnen Sie im Vorstellungsgespräch nicht nur mit der Frage, warum Sie Ihr Studium abgebrochen haben, sondern auch, warum Sie es überhaupt begonnen haben. Egal, was Sie sagen - beide Antworten müssen zueinander passen!

Sollte Sie das Diplom ursprünglich einen großen Sprung auf der Karriereleiter weiterbringen, dann wissen Sie heute, dass Ihre Fähigkeiten eher im Praktischen liegen und dass Sie hier Ihre Talente am wirkungsvollsten einsetzen können. Suchten Sie damals nach beruflicher Orientierung, so haben Sie sie jetzt gefunden.

Ziemlich schnell sogar, wenn man es richtig bedenkt. Denn zeugt es nicht von geistiger Beweglichkeit und Entschlusskraft, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen und dorthin zu wechseln, wo man Besseres leisten könnte?

Christine Demmer, Coaching-Expertin und Autorin .

© SZ vom 13./14.12.2003 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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