Therapien gegen Burn-out:Wege aus der Krise

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Burn-out ist keine Krankheit. Noch haben Mediziner das Syndrom nicht genau definiert - aber viele Symptome können auf das Leiden hindeuten. Genau das macht die Therapie schwierig. Dennoch haben sich einige Behandlungsmethoden durchgesetzt. Ein Überblick.

Verena Wolff

Burn-out ist keine Krankheit - und genau aus diesem Grund ist die Therapie so schwierig. Nach Möglichkeit sollte man schon in einem frühen Stadium, wenn sich also die ersten Symptome zeigen, gegensteuern. Denn die wichtigste Methode ist die Prävention, sagt Mazda Adli, der in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Berliner Charité den Forschungsbereich Affektive Störung leitet. "Gute Stressmanagement-Strategien, eine gelassene Einstellung zu dem ganzen Thema - das ist gute Prävention." Außerdem gehöre Stressmanagement als Teil von moderner Unternehmenskultur implementiert. Wichtig auch: die Aufklärung. "Dabei geht es darum zu vermitteln, was Stress ist, was er mit dem Gehirn und dem Körper macht."

Auch kognitive Stressmanagementstrategien sollten sich Arbeitnehmer und Selbstständige beizeiten aneignen: "Dabei lernen sie, Stressfallen zu identifizieren und zu entschärfen sowie Komplementäreigenschaften zu aktivieren - zum Beispiel Gelassenheit gegen den Perfektionismus." Auch das sogenannte regenerative Stressmanagement ist ein Element in der Vorbeugung: "Erholungsressourcen aufbauen und sie erhalten" nennen es Mediziner, wenn man jeden Abend etwas anderes unternimmt, um vom Arbeitstakt herunterzukommen: "Mal ist Sport die richtige Wahl, mal Ruhe, mal das Treffen mit Freunden oder Bekannten."

Wenn allerdings bereits eine psychische Erkrankung diagnostiziert ist und die mit einem Burn-out einhergeht, muss es unter Umständen verschiedene Therapien geben, sagt Michael Marwitz. Der Psychologe ist Leiter Therapie an der Medizinisch-Psychotherapeutischen Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee. "Zunächst muss man körperliche Beschwerden therapieren - doch das Wichtigste ist die Auseinandersetzung mit den Stressfaktoren."

Allerdings, betont der Psychologe, gibt es keine Standard-Therapie. Vielmehr müsse die Behandlung auf den Patienten und seine Lebenssituation zugeschnitten werden. "In leichten Fällen kann es genügen, die eigene Lebens- und Arbeitssituation zu überdenken und mit Hilfe eines Psychologen Ordnung in den Alltag zu bringen.

Marwitz empfiehlt in vielen Fällen eine Therapie, die vier Stufen umfasst:

[] 1. Entspannung

[] 2. Anspruch relativieren und Erwartungen überprüfen

[] 3. Stressoren im Umfeld identifizieren und so weit wie möglich reduzieren

[] 4. Unterstützungssysteme aktivieren

Zunächst sollte jeder Betroffene die Physiologie runterregulieren, sagt der Psychologe, "und entspannen". Dazu könne ein Tapetenwechsel, auch ein längerer Urlaub oder eine Auszeit ein guter Beginn sein. Aber: "Wenn es eine Depression ist, dann reichen zwei Wochen Spanien nicht aus - einfach nur weg sein macht es auch nicht besser." In der Behandlung müssten dann allerdings zwei Dinge auf den Prüfstand: die Erwartungen der Betroffenen an sich selbst und der eigene Anspruch. "Denn es kann helfen, die eigenen Motivationsgründe genauer unter die Lupe zu nehmen - und gleichzeitig unrealistische Erwartungen aufzugeben."

"Auch ist es oft wichtig und hilfreich, den Anspruch an mich selbst zu relativieren und mich nicht mehr nur über meine Arbeit zu definieren - dann muss ich mich nicht mehr so antreiben und kann mich trotzdem als wertvollen Menschen sehen." Weg vom Perfektionismus und überzogenen Idealismus sollte bei diesem Therapieschritt das Ziel sein.

Um den Burn-Out nicht nur für eine Weile zu unterbrechen, sondern ihn dauerhaft zu besiegen, müssen die Stressoren im Umfeld zunächst identifiziert und dann nach Möglichkeit behoben werden. "Es kann sein, dass man bei der Beschäftigung damit zu dem Schluss kommt, dass nur der Wechsel des Arbeitsplatzes Erfolg verspricht", sagt Marwitz. Doch oft helfen schon Veränderungen am bestehenden Arbeitsplatz: Arbeitszeiten anpassen, Aufgaben im Team lösen oder delegieren, in intensiveren Kontakt zu den Kollegen treten, eine Weiterbildung besuchen oder der in einen anderen Arbeitsbereich wechseln.

Wichtig sei für Burn-out-Patienten zudem, das soziale Netz zu stärken - bei Familie und Freunden also Rückhalt zu suchen.

Zwei Dinge, die zunächst recht banal klingen, sollten Betroffene und von Burn-out gefährdete Menschen fest einplanen: Pausen und einen allgemein gesunden Lebensstil. "Ausreichend Freizeit gehört am besten fest in den täglichen Terminplan", sagt Marwitz. Auch ausgewogene Ernährung, Sport und feste Schlafenszeiten tragen zum allgemeinen Wohlbefinden bei und sorgen damit dem Ausbrennen vor.

In schweren Fällen von Burn-out hat sich nach Marwitz' Worten eine Psychotherapie, speziell die Verhaltenstherapie, als hilfreich erwiesen. "Die Behandlung kann ambulant, oder falls nötig auch in einer Klinik stattfinden." Ziel sei es, die negativen Gedanken durch positive zu ersetzen, das eigene Selbstbewusstsein zu stärken. Dabei lernen Patienten nicht nur, ihre Gefühle deutlicher wahrzunehmen und auszudrücken, sondern trainieren auch, sich gegen Druck von außen zu behaupten und üben Konflikt- und Stressbewältigung.

Denn es gehe in jeder Therapie darum, die eigenen Verhaltensweisen zu ändern und Stress, Überlastung und Überforderung nicht mehr so viel Platz im täglichen Berufsleben zu überlassen wie bisher.

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