Tipps für den Einkauf von Margarine:Fette Verheißungen

Pflanzlich, leicht und die Lösung für Cholesterin-Probleme: Ist Margarine tatsächlich die bessere Wahl als Butter? Zu welcher Margarine sie am ehesten greifen sollten - und wo sich bedenkliche Fette verstecken.

Von Berit Uhlmann

Butterbrot, 2009

Butter oder Margarine? Diese Frage entzweit Wohngemeinschaften ebenso wie Wissenschaftler.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Mehr als 40.000 Artikel liegen in einem durchschnittlichen deutschen Supermarkt aus. Welche davon taugen etwas? Was nützt, was schadet der Gesundheit? Wie sinnvoll sind Bio-Nahrungsmittel und welche Werbefallen stellt die Lebensmittelindustrie dem Konsumenten? In regelmäßiger Folge bewerten wir hier weit verbreitete Lebensmittel für Sie. Teil 13: Margarine.

Margarine war schon immer mehr als die Summe dessen, das für die bunten Becher zusammen gerührt wird. Als billiger Butterersatz fürs Militär vor fast 150 Jahren in Frankreich erfunden, war das Öl-Wasser-Gemisch lange ein Inbegriff des Arme-Leute-Lebensmittels. Erst in den 60er Jahren, als Prominente wie Twiggy die neue Ideal-Linie vorgaben, begann eine groß angelegte Marketing-Strategie das Blatt zu wenden. Margarine wurde zum Gegenentwurf zur feisten Butter positioniert: Sie gab sich schick, leicht und gesund. Mittlerweile mischen Hersteller längst Butter unter viele ihrer Produkte - so wie sie überhaupt die Margarine immer neu erfinden.

Das ist ja der Vorteil eines verarbeiteteten Produktes. Während die Butter als Naturprodukt immer weitgehend gleich ist, können die Hersteller in ihr Streichfett mal jenen Inhaltsstoff hineinrühren und mal andere Zusätze weglassen - ganz, wie es dem Zeitgeist entspricht. Doch entspricht das, was die Werbung suggeriert, auch der Wahrheit? Ist die Margarine so rein pflanzlich, leicht, gesund und darüberhinaus ökologisch empfehlenswert?

Unwahr ist, dass Margarine per se figurfreundlicher wäre als Butter. Auch Pflanzenöle sind pures Fett. 100 Gramm Pflanzenmargarine bringt es auf 720 Kilokalorien, Butter auf 750. Wer weniger haben will, muss gezielt zu Halbfettmargarine greifen.

Auch die Auslobung als "rein pflanzlich" ist zweifelhaft. Damit die Pflanzenöle am Ende ein butterähnliches Produkt ergeben, wird einiges zugesetzt: Emulgatoren, Konservierungsmittel, Farbstoffe, Aromen und künstliche Vitamine, die der Mensch nicht braucht. Größer noch werden die Zweifel, wenn man nach dem gesundheitlichen Nutzen der Margarine fragt.

Wie gesund ist die herkömmliche Margarine?

Die Kunst der Margarine-Herstellung ist es, flüssiges Öl streichfest zu machen. Früher entstanden bei dieser Härtung hohe Dosen an Trans-Fettsäuren, die den Cholesterinsspiegel erhöhen und dem Image der gesunden Margarine zusetzten.

Heute ist die Margarine im Supermarkt weitgehend frei von diesen Fettsäuren, sagt Gerhard Jahreis, Inhaber des Lehrstuhls für Ernährungsphysiologie der Universität Jena. Komplett verschwunden ist solch ungesunde Margarine dennoch nicht. Sie wird im Großhandel weiter vertrieben und dann in Pommesbuden, Bäckereien oder zur Herstellung von Knabberzeug verwendet. "Bei Untersuchungen im Großhandel haben wir bis zu 30 Prozent Trans-Fettsäuren in den Margarinen gefunden", sagt Jahreis: "Wir nehmen diese Fettsäuren also noch immer zu uns".

Doch was ist mit der Margarine, die es heute im Supermarkt gibt? Die meisten Sorten bestehen aus preiswerten Ölen, die überall auf dem Weltmarkt zusammengekauft werden. Sie stammen von Soja-, Sonnenblumen- oder Palmölplantagen und enthalten damit kaum gesunde Omega-3-Fettsäuren. Gerhard Jahreis hält die daraus hergestellten Aufstriche für nicht weniger schädlich als die oft verteufelte Butter: "Es steht für diese Margarinesorten mindestens unentschieden".

Besser bewertet der Ernährungswissenschaftler Margarine auf der Basis von Oliven- und Rapsöl. Beide Öle enthalten einen hohen Anteil an gesunden, einfach ungesättigten Fettsäuren und Omega-3-Fettsäuren. Allerdings geht ein Teil davon bei der Umwandlung in Margarine verloren.

Daher ist es günstiger, nach Möglichkeit pures Raps- oder Olivenöl statt der Margarine zu verwenden. Man kann es zum Braten bei niedrigeren Temperaturen nehmen oder auf das Brot träufeln.

Letztlich, so der Kardiologe Oliver Weingärtner von der European Medical School in Oldenburg: "Es gibt definitiv keine Studien, die klar belegen, dass Margarine einen gesundheitlichen Vorteil hat. Dies gilt auch für Sorten, die damit werben, den Cholesterinspiegel zu senken".

Zweifel an der cholesterinsenkenden Margarine

Heute kann im Supermarkt-Kühlregal Hilfe finden, wer sich um seinen Cholesterinspiegel sorgt. Es gibt Margarine, die nachweislich den Cholesterinspiegel senken kann. Unklar aber ist: Was hat der Verbraucher von diesem Ergebnis?

Zunächst einmal nur einen guten Laborwert. Dass durch die Einschränkung des Cholesterins aus der Margarine tatsächlich Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkte vermieden werden können, ist nicht belegt. "Solche Studien müssen über einen längeren Zeitraum angelegt sein. Sie sind aufwändig - und es gibt sie einfach noch nicht", sagt der Kardiologe Weingärtner.

Nun könnte man einwenden, dass ein niedriger Cholesterinspiegel ja zumindest nicht schaden könnte. Doch die niedrige Menge an Cholesterin wird durch eine höhere Dosis an Pflanzensterinen erkauft. Sie sind quasi die pflanzlichen Verwandten des Cholesterins, beide Moleküle unterscheiden sich nur minimal. Sind sie beide in der Nahrung enthalten, konkurrieren sie um die Aufnahme in den Organismus: Je mehr Pflanzensterine, desto weniger Cholesterine gelangen hinein.

Doch sind die Pflanzensterine tatsächlich das kleinere Übel? "Genau dies ist nicht klar", sagt Weingärtner. Sicher ist, während der Körper Cholesterin in Maßen benötigt, haben pflanzliche Sterine keine biologische Funktion. Mit der Margarine werden sie in Mengen zugeführt, die bei einer natürlichen Ernährung nie erreicht würden. Man müsste täglich 150 Äpfel oder mehr als 400 Tomaten essen, um die von den Margarine-Herstellern empfohlenen zwei Gramm Pflanzensterine aufzunehmen.

Diese hohe Dosis könnte riskant sein. Experimentelle Studien haben Hinweise darauf ergeben, dass sich die künstlich zugeführten Sterine in den Blutgefäßen und Herzklappen anlagern und damit die Gefahr von Herzinfarkten bergen. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung schließt nicht aus, dass die Aufnahme von Pflanzensterinen in höheren Mengen mit Risiken für das Herz-Kreislauf-System verbunden ist. Solange Zweifel an der Sicherheit bestehen, empfiehlt der Kardiologe Weingärtner seinen Patienten diese Produkte nicht.

Die Ökobilanz der Margarine

Ernährung und Klima

Treibhausgas-Emissionen der Lebensmittel-Produktion

CO2 Ausstoß

Von Verfechtern der Margarine wird zu Recht ins Feld geführt, dass ihr Brotaufstrich ökologischer ist, denn Pflanzenanbau hat in aller Regel die bessere Klimabilanz als Tierzucht. Nach einer Auflistung des bundeseigenen Thünen-Instituts belasten Herstellung und Transport von einem Kilogramm Margarine das Klima mit 0,7 Kilogramm Kohlendioxid oder anderen Treibhausgasen, Butter dagegen mit 25.

Ein Vergleich der Ökobilanzen von Butter und Margarine, die nicht nur den CO2-Abdruck, sondern auch Faktoren wie benötigte Landmenge und den Beitrag zum Ozonloch einberechnen, sieht die Margarine ebenfalls im Vorteil, wenngleich die Abstände nicht mehr ganz so groß sind. Nach dieser Einschätzung, an der Margarine-Hersteller Unilever beteiligt war, schneidet die Margarine auch dann noch besser ab, wenn man berücksichtigt, dass sie oft Palmöl enthält.

Palmöl ist der dunkle Fleck auf der ansonsten recht weißen ökologischen Weste der Margarine. Seine Produktion ist vielerorts klima- undweltschädlich, da für die Plantagen große Mengen Regenwald gerodet werden. Als die Zeitschrift Ökotest Hersteller von 19 verschiedenen Margarinen befragte, gaben mit einer Ausnahme alle an, Palmfett unter ihr Produkt zu mischen. Der Kunde aber bekommt bestenfalls einen kleinen Hinweis darauf, dass dieses Fett überhaupt enthalten ist. Es versteckt sich meist hinter dem Ausdruck: "Pflanzliche Öle und Fette" in der Zutatenliste. Wo und unter welchen Bedingungen die Palmfette gewonnen wurden, ist in der Regel nicht ersichtlich.

Einige Hersteller kaufen für die Margarine Palmöl mit einem Zertifikat für nachhaltigen Anbau. Doch wirklich sicher sein können sich die Kunden nicht. Die Standards werden längst nicht immer eingehalten, wie Umweltschutzorganisationen kritisieren.

So ist alles in allem die alte Frage - Butter oder Margarine? - noch immer nicht entschieden - und wohl weiterhin eine des Geschmacks.

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