Krebsvorsorge:Therapie-Wildwuchs bei Prostata-Krebs

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Ob ein Tumor an der Prostata operiert wird oder nicht, hängt weniger vom Befund ab als von der Haltung des Arztes. Dabei spalten sich die Mediziner in zwei Lager - zur Verwirrung der Patienten.

Von Werner Bartens

Es ist eine Art medizinischer Glaubenskrieg: Wie sollten Ärzte mit Prostatakrebs-Patienten umgehen, wenn kaum Risiken bestehen, weil der Tumor langsam wächst und allenfalls spät oder gar nicht Metastasen bildet? Eine Fraktion der Ärzte ist für eine rasche Therapie nach dem Motto: Was weg ist, ist weg. Die andere Seite zitiert Studien, wonach bis zu zwei Drittel der betroffenen Männer den Krebs zeitlebens nie gespürt hätten, weil er so langsam wächst. Die Therapie jedoch hat Nebenwirkungen wie Impotenz, Inkontinenz oder rektale Blutungen.

Zwei Studien in JAMA Internal Medicine (online) vom heutigen Dienstag zeigen, welcher Wildwuchs in der Betreuung von Männern mit Prostatakrebs besteht. Ärzte um Karen Hoffman von der Universität Texas haben Krankengeschichten von 12 000 Patienten verfolgt. 80 Prozent wurden bestrahlt oder operativ behandelt, bei 20 Prozent wurde abgewartet.

Das Vorgehen der Urologen war von erstaunlicher Spannbreite: Während manche Ärzte nur bei jedem 22. Patienten dafür plädierten abzuwarten, sprachen sich andere Urologen in zwei von drei Fällen dafür aus. "Welche Therapie man bekommt, ist vor allem davon abhängig, bei welchem Arzt man landet", sagt Hoffman. Lag das Studium der Urologen länger zurück und führten sie selbst Operation oder Bestrahlung aus, war es wahrscheinlicher, dass sich die Patienten der invasiven Prozedur unterziehen mussten.

In der zweiten Studie zeigten Ärzte aus New Jersey, dass die Antiandrogen-Therapie Männern mit niedrigmalignem Prostatakrebs keine Vorteile bringt, weil von den behandelten Patienten nach 15 Jahren genauso viele leben wie ohne Therapie.

"Angesichts der Nebenwirkungen und Kosten sollte diese Behandlung zurückhaltend verwendet werden", schreiben die Autoren. In einem begleitenden Kommentar werden Quoc-Dien Trinh und Deborah Schrag aus Boston deutlicher. Sie schlagen vor, die Antiandrogen-Therapie in die Choosing-Wisely-Kampagne aufzunehmen. Dort werden Behandlungen und Untersuchungen gelistet, auf die getrost verzichtet werden kann, weil der potenzielle Schaden größer ist als der Nutzen.

© SZ vom 15.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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