Handtransplantation:Zwei neue Hände für Zion

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Zion trainiert nach der Operation seine Hände: Der acht Jahre alte Junge ist das erste Kind mit zwei transplantierten Händen. (Foto: dpa)
  • Mediziner haben einem Achtjährigen in Philadelphia zwei neue Hände transplantiert.
  • Die Operation ist die erste beidseitige Handtransplantation bei einem Kind.
  • Zion H. hatte aufgrund einer Blutvergiftung als Kleinkind beide Hände verloren.

Von Berit Uhlmann

Vor einigen Monaten endlich erfüllte sich der große Wunsch von Zion. Seine Hände schwangen erstmals einen Baseball-Schläger; die Finger spürten das glatte Material, das sich für ihn nach Freiheit, Selbstbestimmung und normaler Kindheit anfühlen muss. Die Fäuste um das Sportgerät waren nicht die, mit denen er zur Welt kam. Der US-Amerikaner ist das erste Kind überhaupt, dem zwei neue Hände transplantiert wurden, so berichten es Mediziner aus Philadelphia im Fachblatt The Lancet Child & Adolescent Health.

Der Junge aus Baltimore war im Alter von zwei Jahren an einer Blutvergiftung - einer Sepsis - erkrankt, Bakterien aus der Gattung der Staphylokokken hatten seinen Körper überschwemmt und Gewebe absterben lassen; Ärzte mussten beide Hände und Füße des Kleinkinds amputieren. Sowohl die Mutter als auch der Sohn wünschten sich die Transplantation, sie hofften auf mehr Selbständigkeit. Als das Kind acht Jahre alt war, fanden Ärzte aus dem Children's Hospital in Philadelphia passende Spenderhände. Vier Teams operierten fast elf Stunden lang.

Nicht einmal eine Woche nach der Transplantation begann der Achtjährige mit der Ergotherapie. Innerhalb von Tagen konnte er die Finger ein wenig bewegen. Sechs Monate später spürte er leichte Berührungen an den Händen, konnte allein essen und mit einem Stift schreiben. Noch ein paar Wochen vergingen, bis es ihm gelang, eine Schere zu benutzen. Heute, 18 Monate nach dem Eingriff, sagt seine Ärztin Sandra Amaral: "Das Kind ist in der Lage, alltägliche Verrichtungen auszuführen".

Allerdings habe die Transplantation ihm und seiner Familie viel abverlangt, berichtet die Medizinerin weiter. Insgesamt acht Mal hatte der Körper des Jungen versucht, das fremde Gewebe abzustoßen. Um solche Abstoßungsreaktionen zu verhindern, erhält Zion vier verschiedene Medikamente, die sein Immunsystem unterdrücken. Die geschwächte Körperabwehr machte es Krankheitserregern leicht, sich auszubreiten, der Junge erkrankte mehrfach als Folge von Infektionen.

Ethische Bedenken bei jungen Patienten

Bis zu diesem Eingriff wurden Hände fast ausschließlich Erwachsenen transplantiert. Bei Kindern zögern Ärzte - nicht nur, weil die Operation an den kleinen Blutgefäßen und Nerven schwieriger ist. Vor allem ethische Bedenken stehen für die Mediziner im Vordergrund. Denn ohne Hände kann man leben, an den Folgen einer Transplantation dagegen kann ein Patient sterben. Ein Teenager, dem Ärzte zuvor eine Hand übertragen hatten, schied kurz nach der OP aus dem Leben.

In einem anderen Fall gelang die Transplantation einer kindlichen Hand nur, weil Spender und Empfänger Zwillinge, ihre Gewebe also biologisch identisch waren. In einem begleitenden Kommentar weist der Orthopäde Marco Lanzetta von der Universität Canberra in Australien darauf hin, dass es mittlerweile auch sehr gute Prothesen gibt, während es an Langzeiterfahrungen mit transplantierten Gliedmaßen bei Heranwachsenden fehlt. Kann ein Kind all das verstehen und eine ausgewogene Entscheidung treffen?

Bei dem in Philadelphia behandelten Jungen war die Entscheidung nicht ganz so schwierig. Denn er muss ohnehin permanent Medikamente einnehmen, die sein Immunsystem unterdrücken. Als Folge der Sepsis im Kleinkindalter hatte er bereits eine Niere transplantiert bekommen - gespendet von seiner Mutter. Dass die Familie diesen Eingriff gut gemeistert hatte, sprach ebenfalls für die Hand-Operation. Zion scheint sie jedenfalls nicht bereut zu haben. Noch immer übt der Junge täglich, seine neuen Finger zu benutzen - und wird dabei immer geschickter.

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