Vorwürfe gegen Postbank:Gläserne Sparer

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Die Stiftung Warentest erhebt schwere Vorwürfe gegen die Postbank: 4000 freie Vermittler können offenbar alle Girokonten frei einsehen - auch Prominente sollen betroffen sein.

Harald Freiberger

Die Stiftung Warentest wirft der Postbank vor, systematisch gegen den Datenschutz zu verstoßen. Tausende freie Finanzvermittler könnten auf den Kontostand und Kontobewegungen von Kunden zugreifen, auch wenn diese dem nicht zugestimmt hätten. Die Postbank wehrt sich gegen den Vorwurf.

Etwa 4000 freie Vermittler der Postbank sollen Einblicke in die Konten aller 14 Millionen Postbank-Kunden haben. (Foto: Foto: dpa)

Es geht um die rund 4000 Vermittler der Finanzberatung AG, die in der vergangenen Woche schon in den Blickpunkt geraten sind, weil sie auch hochbetagten Kunden noch Bausparverträge verkauften. Als die Postbank 2006 die Bausparkasse BHW übernahm, gründete sie für deren Vertreter die Finanzberatung AG. Sie sind nicht bei der Postbank angestellt, sondern frei auf Provisionsbasis tätig.

Einwilligung liegt häufig nicht vor

Das Datenschutzschutzgesetz verlangt von Banken, dass nur solche Mitarbeiter auf Kundendaten zugreifen dürfen, die dies "zur Auftragserledigung brauchen". "Welche Mitarbeiter dies sind, hängt von der internen Organisation der Bank ab und muss im Einzelfall überprüft werden", sagt eine Sprecherin des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Nordrhein-Westfalen, der für die Postbank zuständig ist. Da die Postbank kein Filialnetz mehr hat und mit freien Vermittlern arbeitet, gilt für sie eine Sonderregelung: Sie muss die Kunden fragen, ob sie einwilligen, dass die Berater auf ihre Daten zugreifen.

Nach Informationen der Stiftung Warentest liegt diese Einwilligung für Millionen Konten nicht vor. Trotzdem könnten die freien Vermittler auf sie zugreifen. Aus einer internen Arbeitsanweisung gehe sogar hervor, dass die Vermittler einen größeren Geldeingang auf einem Konten nutzen sollen, um beim Kunden anzurufen und ihm Geldanlagen zu verkaufen. Die Finanzberatung AG gebe ihren Mitarbeitern vor, diese Informationen zwar zu nutzen, aber ihr Wissen im Kundengespräch geheim zu halten. "Sie haben den Auftrag, die Einwilligungserklärung nebenbei einzuholen", sagt eine Sprecherin der Stiftung Warentest.

Der nordrhein-westfälischen Datenschutzbehörde liegen bereits mehrere Beschwerden von Postbank-Kunden vor, die zum Teil in dieselbe Richtung gehen. "Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, es wird dazu Mitte November ein Gespräch mit der Postbank geben", sagte die Sprecherin des Datenschutzamtes. Die Behörde hält es für unzulässig, dass freie Mitarbeiter Kundendaten einsehen können, wenn diese nicht zugestimmt haben.

Prominente betroffen

Selbst wenn ein Kunde der Klausel zugestimmt hat, verstoßen die Vermittler laut Stiftung Warentest noch gegen den Datenschutz. Die Klausel beziehe sich nämlich nur auf den Kontostand und eine Reihe weiterer Daten, nicht aber auf Kontobewegungen. "Kontobewegungen im Bankverkehr auszuwerten, ist extrem heikel, weil sich daraus ein sehr detailreiches Profil erstellen lässt", sagt die Sprecherin der Datenschutzbehörde.

Die Stiftung Warentest erhielt von einem Postbank-Finanzberater die Kontobewegungen mehrerer Kunden, die die Erklärung nicht unterschrieben hätten. So könnten Vermittler im System zum Beispiel sehen, wie viel Gehalt monatlich eingeht oder wann und wo Geld abgehoben wurde. Um ins System zu kommen, seien nur Name und Geburtsdatum nötig. Selbst die Daten von Prominenten wie dem Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, dem früheren Präsidenten von Borussia Dortmund, Gerd Niebaum, und Stiftung-Warentest-Vorstand Werner Brinkmann habe man einsehen können.

Die Postbank wies die Darstellung zurück. Die Vertreter seien ausschließlich für die Postbank tätig, die Weitergabe von Daten "erfolgt anlassbezogen unter strengster Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen". Eine gesonderte Einwilligung des Kunden sei nicht erforderlich, das Verfahren habe in der Vergangenheit keinen Anlass zur Beanstandung gegeben. "Die Vermittler sollen die Daten nur nutzen, wenn sie jemanden beraten wollen, einen Missbrauch nach dem Motto ,Jetzt schau ich mal, was Herr X. verdient' darf es nicht geben", sagte ein Sprecher. Gegen mögliche Verstöße im Fall der drei Prominenten, die die Stiftung Warentest nennt, werde man strafrechtlich vorgehen. Die Anzeige richte sich "nicht gegen unbekannt", da man zurückverfolgen könne, welcher Vermittler die Daten abgerufen habe, fügte der Sprecher hinzu.

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