Versicherungen:Auf der Suche nach Rendite

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Büro in London: Immer häufiger schnappen Privatanleger Versicherungen die Gebäude weg. (Foto: Facundo Arrizabalaga/dpa)

Die Konzerne investieren weltweit stärker in Immobilien. Aber es wird auch für sie immer schwieriger, geeignete Projekte zu finden.

Von Anne-Christin Gröger

Es war eines der teuersten Immobiliengeschäfte im vergangenen Jahr: Für umgerechnet 1,4 Milliarden Euro kaufte der chinesische Geschäftsmann Cheung Chung-kiu das Leadenhall Building im Finanzdistrikt von London. Das 225 Meter hohe Bürogebäude aus Stahl und Glas wird von den Londonern aufgrund der Silhouette gerne auch "The Cheesegrater" ("Die Käsereibe") genannt. Neben dem hohen Preis, den Cheung für das Gebäude bezahlte, ist an dem Kauf bemerkenswert, dass es kein institutioneller Investor war, der das Bürogebäude erwarb, sondern ein privater Anleger.

Privatleute und sogenannte Family Offices treten immer häufiger in Konkurrenz zu den klassischen institutionellen Immobilienanlegern wie Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds, hat Dietmar Fischer beobachtet, Partner bei der Unternehmensberatung EY. Fischer berät Versicherer und andere Unternehmen sowie öffentliche Institutionen zu Immobilienanlagestrategien. "Hinter den Family Offices stehen wohlhabende Privatleute oder Familien, die ihr Geld gerne in sichere Anlagen stecken und sich in Zeiten niedriger Zinsen verstärkt für Wohn-, Büro- oder Einzelhandelsgebäude interessieren", sagt der Experte.

Das macht den ohnehin wettbewerbsintensiven Immobilienmarkt noch umkämpfter. Weil klassische Anlageformen in Zeiten niedriger Zinsen immer weniger abwerfen, suchen Versicherer und andere Investoren nach Alternativen - zum Beispiel Büros, Wohngebäude, Logistikflächen oder Einzelhandelsräumlichkeiten. Die Versicherer wollen aus diesem Grund seit Jahren ihre Immobilienquote ausbauen, und sie tun es auch. Nach einer Studie von EY lag dieser Wert bei den befragten Unternehmen 2017 bei 9,7 Prozent, nach 7,3 Prozent im Jahr 2015.

Dass Versicherer in Gebäude und Grundstücke investieren, ist nicht ungewöhnlich. Viele haben schon länger Teile der eingenommenen Kundengelder in solche Anlageformen gesteckt, um damit Rendite zu erzielen. Doch noch machen Immobilien einen geringen Anteil an den gesamten Kapitalanlagen der Versicherer aus. Nach Angaben des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft waren es 2016 3,6 Prozent aller Kapitalanlagen, der Hauptteil waren mit knapp 86 Prozent festverzinsliche Wertpapiere wie Unternehmens- oder Staatsanleihen.

Axa will die Immobilienquote auf bis zu sechs Prozent erhöhen, die Gothaer hat ähnliche Pläne

Beim Kölner Versicherer Axa ist der Anteil der in Gebäude und Grundstücke angelegten Werte mit unter vier Prozent ziemlich niedrig, auch weil sich die Gesellschaft in der Vergangenheit von vielen Investments getrennt hat. Jetzt will sie langsam wieder aufstocken. "Wir wollen unsere Immobilienquote in den nächsten Jahren auf bis zu sechs Prozent erhöhen", sagt Christoph Mölleken, bei Axa Investment Managers, Real Assets im Bereich Immobilien verantwortlich für das Fund-Management. Konkurrent Gothaer hat ähnliche Pläne. 8,5 Prozent der Kapitalanlagen des Versicherers sind Immobilienanlagen. "Unser Ziel ist es, diesen Anteil in den nächsten zwei bis drei Jahren auf 10 Prozent zu steigern", sagt Markus Habbig, der bei der Gothaer Asset Management den Bereich verantwortet. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Denn das Angebot an interessanten Objekten ist limitiert. "Versicherer sind sehr risikoaverse Anleger und suchen vor allem nach sogenannten Core-Objekten", sagt Berater Fischer. So werden vermietete Immobilien in Top-Lagen mit langfristig gebundenen Mietern und guten Mietverträgen bezeichnet. "Nach solchen Anlageformen suchen alle, das Angebot ist allerdings begrenzt."

Neben den klassischen Nutzungsarten Büro, Einzelhandel, Wohnen und Logistik rücken deswegen auch alternative Nutzungsarten in den Fokus des Interesses. Dazu zählen Hotels, Seniorenimmobilien und Rechenzentren. "Pflegeheime, Gesundheitsimmobilien und Angebote für betreutes Wohnen sind aufgrund des demografischen Wandels ein wichtiger Trend in der Anlagestrategie vieler Versicherer", sagt Fischer.

So kauften Axa-Gesellschaften im Rahmen eines Joint Venturesmit weiteren Investoren Ende 2015 für 180 Millionen Euro von dem italienischen Klinikbetreiber Policlinico Di Monza ein Portfolio von acht Krankenhäusern in den Provinzen Lombardei und Piemont und investierte ein Jahr danach 310 Millionen Euro in deutsche Gesundheitsimmobilien. Dazu gehören eine Klinik und 17 Pflegeheime, die der Versicherer von der US-Investmentgesellschaft Blackstone gekauft hat.

"Der Vorteil solcher Investments ist, dass es sich um Betreiberimmobilien mit Nutzungen handelt, die unabhängig von der Konjunktur sind", sagt Axa-Manager Mölleken. "Diese Immobilien sind eine wichtige Beimischung für langfristige Cashflows." Allerdings benötigten Anleger gerade bei Pflegeimmobilien Asset Manager zusätzliches Wissen, zum Beispiel zur Regulatorik. "In manchen Bundesländern dürfen Pflegeheime keine Zweibettzimmer mehr haben, das wirkt sich natürlich auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebs solcher der Gebäude aus."

Auch die Gothaer investiert in Gesundheitsimmobilien, aber nur über indirekte Anlageformen. "Wir legen nur über Fondsvehikel an", sagt Habbig. "Das sind bei uns vor allem klassische Immobilienfonds, die Immobilien erwerben und verwalten, aber auch Real Estate Debt Fonds, die Immobiliendarlehen vergeben." Dabei liegt der Fokus auf Deutschland und Europa. "Vor allem ausschüttungsstarke Immobilien wie Pflegeheime, Einzelhandel und Logistik sind für uns interessant, im Bereich Wohnen halten wir uns im Moment ein bisschen zurück", sagt Habbig.

Die Digitalisierung ist ebenfalls ein Thema, was die Anlagestrategie der Versicherer beeinflusst. "Es wird spannend zu sehen, wie sich der stationäre Einzelhandel entwickeln wird in Zeiten, in denen der E-Commerce an Bedeutung gewinnt", sagt er. Auch neue Arbeitsformen in Co-Working-Büros oder der Trend zu Shared Desks, bei dem Mitarbeiter keinen festen Arbeitsplatz haben, werden die Bedürfnisse bei Büro-Immobilien verändern. "Neubauten müssen künftig so entworfen sein, dass sie flexible Grundrisse haben", meint Berater Fischer. "Wer als Investor bei solchen Anlagen nicht darauf achtet, wird für solche Räumlichkeiten keine Mieter mehr finden."

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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