Tricks im Einzelhandel:Vergiftete Versprechen

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Weihnachtseinkauf in einem Einkaufszentrum in Sachsen: Immer wieder tricksen Unternehmen bei ihren Preisversprechen. (Foto: dpa)

"Sollten Sie das Produkt irgendwo billiger finden, erstatten wir Ihnen die Differenz": Solche Bestpreisgarantien finden sich in der Marketing-Trickkiste des Einzelhandels. Die Versprechungen sind aber keine faire Abmachung, sondern gehen oft zu Lasten des Kunden.

Von Christoph Böckmann

Jetzt kaufen oder lieber noch warten? Kurz vor Weihnachten stehen viele vor der gleichen Frage. Besteht doch die Hoffnung, dass die Preise nach dem Weihnachtsgeschäft wieder fallen könnten. Aber der Einzelhandel weiß genau, wie er die Bedenken seiner Kunden zerstreut. Mit Bestpreisgarantien zum Beispiel. Mit denen suggerieren Elektronikhändler, Möbelhäuser, Baumarktketten oder Optiker, dass es bei ihnen besonders günstig ist. Und so versprechen derzeit wieder viele Händler: "Sollten Sie es irgendwo billiger finden, erstatten wir ihnen die Differenz". Scheinbar eine faire Abmachung. Tatsächlich aber ein Marketing-Instrument, das oftmals zu Lasten der Kunden geht.

"Bestpreisgarantien führen tendenziell zu höheren Preisen", sagt Ulrich Schwalbe, Mikroökonom und Professor der Universität Hohenheim. Denn die Verkäufer setzen meistens die Preise rauf, wenn sie eine Bestpreisgarantie aussprechen. Einen Fernseher, den sie und ihrer Wettbewerber also normalerweise für 300 Euro verkaufen würden, böten sie dann zum Beispiel für 330 Euro an. So könnten die Einzelhändler die Ware an einige Kunden teuer verkaufen. Nur denen, die sich vorher über den gängigen Marktpreis informiert haben, müssten sie das Gerät dann zum alten Preis überlassen, so Schwalbe. In jedem Fall ein gutes Geschäft für die Verkäufer.

Nachziehen und die Preise hochsetzen

So schaffen Preisgarantien also Anreize, die Preise zu erhöhen. "Wenn Händler sehen, dass ein Konkurrent ein Produkt zu einem höheren Preis verkauft, während er es mit einer Bestpreisgarantie versieht, werden sie in den meisten Fällen nachziehen und die Preise raufsetzen", erklärt der Ökonom. Denn sie müssten dann wohl kaum befürchten, Kunden zu verlieren.

Zugleich verhindern die Garantien Preissenkungen. Kein Geschäft würde seine Preise senken, wenn Konkurrenten Bestpreisgarantien auf dasselbe Produkt vergeben. Denn damit bliebe der Anreiz bestehen, bei der Konkurrenz zu kaufen. Neue Kunden lassen sich so trotz Preissenkungen nicht gewinnen.

Für die Kunden sind Preisgarantien also vor allem ein Ärgernis, für Händler hingegen ein äußerst beliebtes Marketing-Instrument. Auch Joachim Stumpf, Geschäftsführer der Handelsberatung BBE, empfiehlt es seinen Kunden wärmstens. Geradezu notwendig seien Preisgarantien, sagt er, da die Deutschen außerordentlich Discount-orientiert seien. "Der Preis spielt für viele eine größere Rolle als die Qualität."

Händler können mit dem Marketing-Trick nur gewinnen

Die ständige Furcht der Deutschen, sie könnten zu viel bezahlen, mache es für den Einzelhandel sehr wichtig, den Kunden ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. "Gerade bei größeren Investitionen, wie einem Sofa oder einem Fernseher, schlägt der Kunde eher zu, wenn ihm eine Bestpreisgarantie geboten wird", bestätigt Stumpf. Ohne die Garantie würde der Kauft eher vertagt. Vor allem kleinere Händler können von dem Garantie-Trick profitieren. Denn günstige Preise traut der Kunde eigentlich nur dem Großhändler zu.

Viel zu befürchten haben Händler, die ihren Kunden solch ein Versprechen machen, nicht. "Dass der Kunde die Garantie wirklich in Anspruch nimmt, kommt letztendlich selten vor", sagt Handels-Experte Stumpf. Oft sei der Aufwand zu groß und die Preisdifferenz zu klein, dass es sich für ihn lohnen würde. Muss der Käufer doch beweisen, dass er das gleiche Produkt an anderer Stelle günstiger bekommen kann. Kaum jemand hat Lust, dafür Zeit und Fahrtkosten aufzuwenden. Lieber verlässt man sich auf das gute Gefühl, dass die Preisgarantie vermittelt: Der Händler würde mir das Versprechen doch nicht machen, wäre er nicht der günstigste!

Und auch wer mit seinem Smartphone direkt vor Ort günstigere Preise anderer Anbieter nachweisen kann, wird oft enttäuscht. Denn das Angebot muss exakt das gleiche sein. Weichen Garantie, Rückgaberecht oder Lieferbedingungen ab, ist das Bestpreisversprechen nichts mehr wert. So fallen zum Beispiel oft die günstigen Online-Händler raus.

Ökonom Schwalbe rät Einkäufern, sich gerade bei teuren Gütern, nicht von Bestpreisgarantien blenden zu lassen. Wer sparen will, komme nicht umhin, vor dem Kauf ganz altmodisch Preise zu vergleichen und beim Händler nach Rabatten fragen.

© SZ vom 13.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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