Tipps für Investoren:Geld anlegen, wenn es kracht

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Die Märkte spielen verrückt. Wie sollen Anleger da investieren? Wo doch noch Chancen stecken - und wie man sich vor Falschberatung schützt. Experten geben Antworten. Mit Videos.

Simone Boehringer und Ivonne Wagner

Erst die Finanzkrise, dann eine Wirtschaftskrise und jetzt die Euro-Krise: Die Börsen schwanken stark, die Investoren sind nervös - Geldanlage ist ein schwieriges Geschäft geworden. Viele Kunden lassen darum ihr Geld einfach auf dem Konto liegen.

(Foto: N/A)

Die Süddeutsche Zeitung hat auf der Anlegermesse Invest in Stuttgart Experten zu ihren Marktprognosen und ihren Strategien inmitten der Schuldenkrise befragt. Die gute Nachricht: Es gibt noch Möglichkeiten, sein Geld zu vermehren oder zu schützen - manche Methoden sind jedoch zunehmend ungewöhnlich.

Alles anders

"Staatsanleihen haben sich von einer Anlage mit risikolosem Zins in eine zinslose Risikoanlage entwickelt", sagt Andreas Grünewald. Vor dem Hintergrund der Schuldenkrise in Europa rät der Vermögensverwalter und Vorstand im Branchenverband explizit von Neuengagements in dieser Jahrzehnte so sicheren Anlegerform ab.

"Nehme sie sich lieber eine Hosentasche voller Yuan von jeder Reise mit oder kaufen sie erstklassige Aktien", rät Grünewald, der seit rund 20 Jahren im Geschäft ist, zunächst als Initiator eines der größten Investmentclubs in Deutschland, später als Vorstandschef der Müncher FIVV AG.

Nur 6000 Yuan darf man pro Person nach jeder China-Reise ausführen, das entspricht in etwa 700 Euro derzeit. Das ist nicht mehr als ein Taschengeld, könnte man meinen, aber eines, das in jedem Fall wertbeständig bleibt "und höchstwahrscheinlich sogar bald aufwerten wird", prognostiziert Philipp Vorndran, der Asien-Reisenden ebenfalls die Yuan-Mitnahme empfiehlt.

Der Anlagestratege des Kölner Vermögensverwalters Flossbach & von Storch sieht eine ernsthafte Gefahr, dass der Euro die nächsten zehn Jahre nicht überlebt. "Wenn wir die Staatsschulden in der Union nicht sauber konsolidieren, zum Beispiel, indem wir sie auf das Maastricht-Kriterium von 60 Prozent des Bruttoinlandsprudukts herunterschreiben, wird der Euro vor eine harte Probe gestellt."

Spekulanten in den Griff bekommen

Das im Fall Griechenland vorexerzierte Vorgehen, dass die Gemeinschaft für die Fehler Einzelner geradesteht, gefährde die gemeinsame Währung mehr als das es ihr nütze.

Folker Hellmeyer, Chefstratege der Bremer Landesbank, sieht die Zukunft des Euro optimistischer. Die Währungsunion werde wegen Griechenland nicht auseinanderbrechen. Jetzt komme es unbedingt darauf an, die Marktspekulation bezüglich der anderen schwächeren Euroländer in den Griff zu bekommen.

Einig waren sich die am SZ-Stand befragten Experten weitgehend über die Inflationsgefahr, die mit der schuldenfinanzierten Rettungspolitik der westlichen Staaten einhergeht.

Vor dem Hintergrund der Euro-Krise rät Investmentclub-Gründer Grünewald "zu Sachwert-Anlagen, allen voran zu Aktien". Vor allem Titel mit einer nachhaltig gesunden Dividendenrendite gehörten in ein gut sortiertes Depot. "Besonders Infrastruktur- und Energietitel sind ein Investment wert", sagt Vermögensverwalter Markus Zschaber im SZ-Interview.

Der Dachfondsmanager Eckard Sauren rät Anlegern, die sich nicht selbst um ihr Portfolio kümmern wollen, unter den Tausenden Publikumsfonds solche herauszusuchen, die einen absoluten Ertrag versprechen, also Gewinne, unabhängig davon, wie irgendwelche Aktienindizes gelaufen sind.

Hartmut Knüppel, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Derivate Verbandes, erklärt, warum auch nach der Lehman-Pleite 2008 und dem damit verbundenen Ausfall von Zertifikaten der US-Investmentbank solche Derivate dennoch eine Alternative zu Aktien sein können - vorausgesetzt, die Anleger sind sich des sogenannten Emittentenrisikos bewusst.

Anders als Aktien gelten Zertifikate als Schuldverschreibungen und die Investoren in solche Titel entsprechend als Gläubiger. Im Falle einer Insolvenz der herausgebenden Bank gehen Anleger in entsprechende Zertifikate daher leer aus. Anders Fondsbesitzer eines von einer Pleite-Bank aufgelegten Publikumsfonds: Sie erhalten ihr Geld zurück, weil es zum sogenannten Sondervermögen gehört und daher nicht in die Insolvenzmasse fallen darf.

Anleger- und Verbraucherschützer warnen schon länger vor den Tücken von Derivaten. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg moniert im SZ-Messe-Interview, dass sich die Beratung von Bankkunden seit Ausbruch der Finanzkrise kaum verbessert habe. Er setzt auf eine neues Gesetz, dass Banken die Pflicht zu aussagekräftigen Beratungsprotokollen auferlegt.

Marc Tüngler, Geschäftsführer bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) rät Anlegern, in jedem Fall immer einen Zeugen zu Beratungsgesprächen mit Bankern mitzunehmen.

Traue keiner Anlage, die du nicht selbst verstanden hast, kann man da nur sagen.

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