Kampf gegen Schuldenkrise:Juncker fordert "Aufbaukommissar" für Griechenland

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Es klingt wie die positive Variante von Angela Merkels Sparkommissar: Euro-Gruppen-Chef Juncker will einen EU-Kommissar einsetzen, der Griechenlands Wirtschaft "an europäische Standards" anpassen soll.

Unmittelbar vor dem EU-Gipfel an diesem Donnerstag hat Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker einen eigenen EU-Kommissar mit Zuständigkeit für Griechenland gefordert. "Ich wäre sehr dafür, dass ein EU-Kommissar mit dem Aufbau der griechischen Wirtschaftsstruktur beauftragt wird", sagte Juncker der Welt. Das sei nötig, weil die Wirtschaftsstruktur des Landes mit "der unseren in keiner Weise vergleichbar" sei, sagte der Premierminister von Luxemburg weiter.

Die griechische Regierung habe es "bisher nicht vermocht", die wirtschaftliche Infrastruktur des Landes an europäische Standards anzupassen. "Deshalb müssen wir bei der Umsetzung selbst mit anpacken."

Im Januar hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrem Vorschlag, einen Sparkommissar nach Athen zu schicken, europaweit für Empörung gesorgt. Dieser sollte - notfalls auch gegen den Willen der griechischen Regierung - Haushaltskürzungen durchsetzen können, so die Idee. Der Vorschlag war aber auf dem EU-Gipfel Ende Januar rasch vom Tisch.

Als Neuauflage dieses Sparkommissars will Juncker seinen Aufbaukommissar aber nicht verstanden wissen: "Kein Sparkommissar, wie ehedem vorgeschlagen, sondern ein Aufbaukommissar, der alle Kompetenzen der EU-Kommission Griechenland betreffend bündelt", sagte er, denn: "Irgendjemand muss eben Hilfestellung bieten, die griechische Wirtschaftspolitik denken und vorausdenken. Es wird nicht reichen, dass wir uns einmal im Monat als Euro-Finanzminister damit beschäftigen."

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), kritisierte im Vorfeld des EU-Gipfels an diesem Donnerstag, dass sich die Debatte in der EU zu sehr um Sanktionen und Sparpakete drehe. Dadurch könne das Wirtschaftswachstum erdrosselt werden. Griechenland habe bereits einen hohen Preis bezahlt. Jetzt werde die Sparschraube aber immer enger gedreht, was die Lage noch verschlechtere. "Europa ist keine Spargemeinschaft - Europa ist eine Solidargemeinschaft", mahnte der deutsche Sozialdemokrat.

Er könne die Proteste der Griechen gegen den strikten Sparkurs verstehen. "Griechenland steckt in einer tiefen Rezession, die Menschen brauchen endlich wieder Hoffnung."

Am Montagabend hatten die Rettungsbemühungen einen schweren Rückschlag erlitten: Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) machte ihre Drohung wahr und senkte die Kreditwürdigkeit des von der Pleite bedrohten Krisenlands erneut. Erstmals überhaupt wird ein Euro-Staat - zumindest teilweise - als Zahlungsausfall bewertet. Bereits am 20. März muss Griechenland fällige Schulden in Höhe von 14,5 Milliarden Euro zurückzahlen.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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