Deutsche Bank: Josef Ackermann:Mr. 25 Prozent, bitte mehr Bescheidenheit

Deutsche-Bank-Chef Ackermann trug das 25-Prozent-Rendite-Ziel wie eine Monstranz vor sich her. Nun muss er sich davon verabschieden - doch Ackermann fällt dieses Eingeständnis schwer.

Harald Freiberger

Wenn Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann über Wettbewerb spricht, zieht der ehemalige Zehnkämpfer gern Vergleiche mit dem Sport. "Ich kann nicht aus Solidarität mit den Schlechten langsamer laufen als die Besten", sagte er vor nicht zu langer Zeit, und er fügte hinzu: "Ich kann nicht sagen: Wachsen ist beim Skifahren verboten, dafür fahre ich in den Kurven sicherer." Sich im Wettbewerb zu behaupten, ist der Hauptantrieb Ackermanns, und er hat dafür eine Zahl gefunden, die er seit Jahren vor sich herträgt wie eine Monstranz. Es ist die Zahl 25.

Hauptversammlung Deutsche Bank

Von 25-Prozent-Renditen kann Josef Ackermann nur noch träumen.

(Foto: ddp)

Mit nichts wird der Chef der größten Deutschen Bank so identifiziert wie mit seinem Ziel, eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent vor Steuern zu erreichen. Und nichts hat ihm so viel Kritik eingebracht. Das Ziel sei viel zu hoch, es führe dazu, dass Mitarbeiter und Kunden ausgepresst würden - und dazu, dass die Bank zu hohe Risiken eingehe, für die im Zweifelsfall der Steuerzahler aufkommen müsse.

Die Finanzkrise hat die Kritik noch verschärft. Die Zahl 25 ist zu einem Symbol für den bösen, rücksichtslosen Kapitalismus geworden. Deshalb ist es bemerkenswert, was jetzt bei der Deutschen Bank im Hintergrund abläuft: Das Institut muss sich notgedrungen von dem Renditeziel verabschieden.

"25 Prozent werden künftig im Durchschnitt nicht mehr zu erreichen sein, höchstens in einzelnen Jahren, in denen das Geschäft sehr gut läuft", sagt Martin Faust, Bankenprofessor in Frankfurt. Ein Grund dafür sei die Regulierung, die künftig mehr Eigenkapital von den Banken verlangt. Der Gewinn verteilt sich dadurch auf mehr Eigenkapital, dadurch sinkt die Eigenkapitalrendite schon rein mathematisch.

Doch es gibt noch einen anderen Grund, der die Rendite künftig unter Druck bringt: Es ist Ackermanns Strategie, seine Bank weniger abhängig vom riskanten Investmentbanking zu machen und dafür das Privat- und Firmenkundengeschäft zu stärken. Er hat dafür die Norisbank und die Berliner Bank gekauft, die Übernahme der Mehrheit an der Postbank läuft gerade.

Im Privat- und Firmenkundengeschäft in Deutschland aber sind die Renditen deutlich niedriger. Genossenschaftsbanken und Sparkassen erzielen hier nicht einmal zehn Prozent. Theodor Weimer, der Chef der Hypovereinsbank, klagte erst kürzlich über eine Rendite von gerade einmal sieben Prozent. "Ich weiß nicht, wo die Erträge auf dem Privatkundenmarkt herkommen sollen", sagte er.

"Auch 15 Prozent sind ein ordentlicher Wert"

Faust hält Ackermanns Strategie trotzdem für richtig. "Das Investmentbanking wird wegen der strengeren Regulierung künftig nicht mehr so hohe Renditen abwerfen", sagt er. Deshalb sei es sinnvoll, stärker ins traditionelle Banking zu investieren. Doch diese Strategie gehe eindeutig zu Lasten der Rendite, besonders auf dem hart umkämpften deutschen Markt. Der Experte vermisst deshalb einen "großen Wurf auf dem Privat- und Firmenkundenmarkt im Ausland".

In den Schwellenländern Osteuropas, Asiens und Lateinamerikas seien das Wachstum und damit auch die Gewinnaussichten für Banken deutlich höher. Klaus Fleischer, emeritierter Bankenprofessor in München, führt zudem die hohen Integrationskosten an, die die Fusion mit der Postbank verursacht. "Die Computersysteme müssen vereinheitlicht werden, die Mitarbeiter geschult, die Kunden informiert, das ist eine große Belastung", sagt er. Eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent sei 2011 deshalb nicht realisierbar, und in den Jahren danach werde es sehr schwierig.

Schlimm finden es die Experten allerdings nicht, wenn die Deutsche Bank von ihrem hohen Renditeziel abrücken muss. "Die 25 Prozent waren auch in der Vergangenheit sehr ambitioniert", sagt Faust. Es habe zwar immer wieder internationale Großbanken gegeben, die die Marke erreichten, aber nur in Zeiten besonderen Wachstums.

"In normalen Zeiten sind auch 15 Prozent ein ordentlicher Wert, zumal im Vergleich zu anderen Branchen", sagt Faust. Wenn sich die Rendite der Deutschen Bank in diese Richtung entwickle, müsse sie deswegen nicht im Wettbewerb zurückfallen. Denn auch den Konkurrenten werde es wegen der Regulierung kaum mehr gelingen, 25 Prozent zu erreichen. Hinzu kommt, dass Investoren für ein weniger risikoreiches Geschäft auch keine so hohe Rendite verlangen.

Ackermann hat schon früher deutlich gemacht, dass er an dem Renditeziel nicht um jeden Preis festhält. "Die 25 Prozent sind nicht in Stein gemeißelt, aber eine Richtgröße, die die Besten der Welt erzielt haben", sagte der Spitzenbanker vor zwei Jahren. Vor einem Jahr klang es dann noch etwas weicher: "25 Prozent ist für uns kein Wert an sich. Wenn für alle Marktteilnehmer andere Voraussetzungen gelten, ändert sich womöglich die Messlatte für die Besten."

Jetzt heißt es bei der Bank: "Das Ziel von 25 Prozent ist nicht aufgegeben, aber wir müssen abwarten, welche Folgen die strengere Regulierung hat." Ein Sprecher weist darauf hin, dass gerade im Privatkundenbereich viele Geschäfte nur wenig Eigenkapital erforderten. Im dritten Quartal 2010 weist das Institut in der Sparte eine Eigenkapitalrendite von 30 Prozent aus - ein schwer erklärbarer Widerspruch zu den Zahlen anderer Banken. Mehr Aufschluss über die wahren Verhältnisse gibt die Eigenkapitalrendite der gesamten Bank: Sie lag im dritten Quartal bei 13 Prozent, weit entfernt von den 25 Prozent.

Es fällt Josef Ackermann schwer, öffentlich von dem Ziel abzurücken, an dem er über so viele Jahre festgehalten hat. "Er hat die Hürde selbst sehr hoch gelegt, um die Mitarbeiter anzutreiben und die Aktionäre bei der Stange zu halten", sagt der Hochschullehrer Faust dazu. Damit habe er sich selbst in die Zwickmühle gebracht: Er und seine Bank würden auch künftig an den früheren Aussagen gemessen.

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