Hypo Real Estate: Georg Funke:Lob für den Buhmann

Lesezeit: 3 min

Unerwarteter Zuspruch: Bafin-Chef Sanio gibt eine "Ehrenerklärung" für die kooperationswillige ehemalige HRE-Spitze um Georg Funke ab.

Klaus Ott, Berlin

Georg Funke ist so etwas wie der Buhmann der Nation. Der ehemalige Vorstandschef der Hypo Real Estate (HRE) wird von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) für die "desolate Lage" der Immobilien- und Pfandbriefbank verantwortlich gemacht, für die der Staat mit inzwischen 87 Milliarden Euro bürgt. Die HRE hat Funke gefeuert, die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn, und der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sähe ihn lieber heute als morgen auf der Anklagebank.

Georg Funke, ehemaliger Chef des Skandalinstituts Hypo Real Estate. (Foto: Foto: dpa)

Schlechtes Gewissen? Von wegen!

Der frühere HRE-Chef verkörpert für viele Bürger den Typ von Bankmanagern, die Milliarden verzockt haben, sich keiner Schuld bewusst sind und nun sogar noch auf ihre Verträge in Millionenhöhe pochen.

Jetzt bekommen Funke und seine früheren Vorstandskollegen Zuspruch von einer Instanz, von der sie das bestimmt nie und nimmer erwartet hätten. Jochen Sanio, Präsident der in Bonn ansässigen Bankenaufsicht Bafin, hat kürzlich im Bundestag die ehemalige Führungsspitze der HRE für deren Kooperation gelobt. Er gebe "praktisch eine Ehrenerklärung" für das alte Management der deutschen HRE-Holding ab, erklärte Sanio bei einer Sitzung des Finanzausschusses, der hinter verschlossenen Türen tagte. Es sei "ja keine Presse hier", da könne er das sagen, glaubte der Bafin-Präsident. Ansonsten "würde mich in der Bild-Zeitung der Chefkommentator fürchterlich hinrichten". So steht es im Sitzungsprotokoll des Bundestags.

Als die HRE vor gut einem halben Jahr beinahe pleiteging und vom Bund gerettet werden musste, um das deutsche Finanzsystem vor dem Kollaps zu bewahren, hat sich Steinbrück damals Funke persönlich vorgeknöpft. Der Minister drängte den Bankchef zum Rückzug, später schickte die HRE noch eine fristlose Kündigung hinterher. Und nun lobt der Präsident der Bafin, die der Rechts- und Fachaufsicht des Finanzministeriums unterliegt, das alte HRE-Management in höchsten Tönen. Auf den ersten Blick passt das schwer zusammen.

Institut am Abgrund

Im Finanzausschuss des Bundestags hatten die Abgeordneten von Sanio wissen wollen, was seine Behörde denn von den Problemen bei der HRE mitbekommen habe. Ausgelöst worden war die Schieflage des Münchner Kreditinstituts durch dessen irische Tochterbank Depfa. Die erst im Jahr 2007 von der HRE gekaufte Depfa hat an Staaten und Kommunen in vielen Ländern langfristige Darlehen im Volumen von insgesamt mehr als 200 Milliarden Euro vergeben, sich einen Großteil des Geldes dafür aber selbst immer wieder nur kurzfristig bei anderen Banken geborgt.

"Dadurch, dass die Schuldner der Depfa für die lang laufenden Kredite höhere Zinsen zahlten, als die Depfa für ihre kurzfristige Refinanzierung aufwenden musste, konnte die Depfa erhebliche Überschüsse erwirtschaften", notierte die HRE. Diese Geschäftspolitik war lange erfolgreich, aber riskant. Als die Banken nach der Pleite des US-Instituts Lehman Brothers weltweit einander nicht mehr vertrauten und sich kaum noch Geld liehen, trocknete die Depfa aus, die HRE stand vor dem Abgrund.

Über die Geschäftspolitik und Lage der Depfa war die Bafin schon vorher bestens im Bilde gewesen, obwohl die deutsche Bankenaufsichtsbehörde keinen direkten Zugriff auf die irische Tochterbank der HRE hatte. Sanio berichtete im Finanzausschuss des Bundestags, die deutsche HRE-Holding sei mit Auskünften über ihre irische Depfa "so etwas von kooperationsbereit gewesen, wie man es selten antrifft". Die HRE habe nichts dagegen gehabt, "dass wir in Irland prüfen und da durchstachen". Die Bafin habe erst wöchentlich und später, als sich die "Liquiditätssituation verschärfte", sogar täglich anstandslos Meldungen bekommen. "Anstandslos, ohne Murren." Das HRE-Management habe jede Frage beantwortet. Auch in solchen Fällen, "wo sie juristisch hätten sagen können, da habt ihr gar kein Recht zu". Das sei "schon ziemlich einmalig" gewesen, sagte Sanio. Ein Direktor der Bundesbank bestätigte im Bundestag diese "Kooperationsbereitschaft" der früheren HRE-Spitze.

Warum sich Steinbrück nachträglich über eine HRE-Geschäftspolitik aufregt, die der seinem Ministerium zugeordneten Bafin vorher genau bekannt war, das wird den vom Bundestag eingesetzten HRE-Untersuchungsausschuss beschäftigen (Kasten). Sanio hat den Abgeordneten bereits erklärt, man habe nichts dagegen tun können, dass sich die HRE in ein "irisches Abenteuer" gestürzt habe. Bei der Depfa in Irland habe die Bafin keine Auflagen durchsetzen können. Der SZ sagte Sanio, seine "sogenannte Ehrenerklärung" habe sich nur auf die "Kooperationsbereitschaft der damaligen HRE-Leitung" bezogen. Die HRE-Holding habe nicht der deutschen Bankenaufsicht unterstanden, aber "trotzdem freiwillig alle unsere Informationswünsche zur Liquiditätslage der Gruppe erfüllt".

© SZ vom 24.04.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: