Tipps zur Geldanlage:Was ist eine Qualitätsaktie?

Lesezeit: 2 min

  • Manche Unternehmen werden als "Börsenlieblinge" bezeichnet, ihre Aktien als "Qualitätsaktien".
  • SZ-Leser Michael K. Lippstadt fragt, wer eigentlich darüber entscheidet, welche Aktie gut und welche schlecht ist?
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Von Jan Willmroth

Zu den Eigenheiten des Kapitalmarkts gehört es, immer wieder schöne Begriffe für Phänomene und Zusammenhänge hervorzubringen. Unternehmen, deren Umsätze und Aktienkurse sich gut entwickeln, heißen dann "Börsenlieblinge", ihre Aktien "Qualitätsaktien", als wären die Anteilsscheine Schraubenzieher - und wer seine Aktionäre verlässlich an hohen Gewinnausschüttungen beteiligt, wird zum "Dividenden-Aristokraten". Solche Stempel werden Konzernen nicht einfach so aufgedrückt. Wer entscheidet eigentlich darüber, welche Aktie gut und welche schlecht ist? Nach welchen Kriterien bemisst sich, ob ein Anteilsschein das Siegel "Qualitätsaktie" verdient hat?

Die Antwort beginnt mit einem Zitat des bekannten Fondsmanagers Peter Lynch, der einst sagte, "setze auf ein Unternehmen, welches von irgendeinem Idioten geführt werden kann; denn früher oder später wird irgendein Idiot das Unternehmen führen." Ob ein Unternehmen qualitativ hochwertig ist, definieren die selbsternannten Qualitätsinvestoren gern selbst, generell anerkannte Standards gibt es nicht.

Wie der Qualitäts-Score der Northern Trust funktioniert

Die Chicagoer Bank Northern Trust hat einen eigenen Qualitäts-Score geschaffen, mit dem sie arbeitet: Sie bewertet beispielsweise, wie gut ein Unternehmen Werte in seiner Bilanz in Umsatz und Gewinn übersetzen kann, wie aggressiv sich ein Konzern für Investitionen verschuldet und langfristig liquide bleibt oder ob er aus sich selbst heraus gesund wachsen kann. Solche Kriterien übersetzt Northern Trust in konkrete Zahlen.

Teilt man nun große Aktien-Indizes danach ein, zeigt sich, dass die Aktien, die den Kriterien am ehesten entsprechen, in der Vergangenheit bis zu vier Mal so gut abgeschnitten haben wie Aktien am unteren Ende der Qualitätsspanne. Das zeigt dem Privatanleger aber nur: Die Ausschau nach Qualitätsunternehmen lohnt sich.

Vier konkretere Kriterien

Konkreter sind die Kriterien, die Philipp Weckherlin und Markus Hepp in ihrem Buch "Systematische Investments in Corporate Excellence" herausarbeiten.

Erstens ist demnach die Marktposition eines Unternehmens wichtig, also Wettbewerbsvorteile in etablierten, von Trends profitierenden Märkten wie etwa der Pharmaindustrie. Damit verwandt ist zweitens das Geschäftsmodell, also welche Märkte das Unternehmen mit welchen Produkten bedient und ob es eine nachvollziehbare, stabile Wertschöpfungskette hat. Drittens ist unabdingbar, das Management einzuschätzen. Zum Vierten folgt der Blick in die Bilanz, wo sich die Profitabilität, die Schulden und der Cashflow nachvollziehen lassen. Qualitätsunternehmen erzielen über viele Jahre hinweg gute Ergebnisse und steigende Gewinne und zahlen verlässlich Dividenden, die sie regelmäßig erhöhen. Fünftens sollte die Bewertung attraktiv sein, das Unternehmen gemessen an den genannten Kriterien an der Börse also nicht zu viel kosten, wobei Kennzahlen wie das KGV Aufschluss geben.

Damit lässt sich festhalten: Die Bewertung von Unternehmen ist äußerst subjektiv. Mit ein wenig Übung führt sie aber zu Prinzipien bei der Aktienauswahl, die hilfreich sind und vor Anlagefehlern schützen. Auf Webseiten wie etwa Yahoo Finance lassen sich mit dem "Stock Screener" Aktien filtern, die den eigenen Kriterien entsprechen. Ratsam ist eine Investition in Einzelaktien ohnehin nur für Anleger, die Spaß daran haben, sich intensiv mit Unternehmen zu beschäftigen. Allen anderen sei gesagt: Die Mühe ist es nicht wert, solch hohe Risiken einzugehen.

© SZ vom 13.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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